Es lebe die Weltrevolution

Lukas&Stefan
Erinnerung zur Rechten Zeit
■ „Weltrevolution – Wann i des no erleben könnt”, frohlockt Stefan Weber in „seinem” gleichnamigen Kinofilm über das epochale Werk der Politrockgruppe Drahdiwaberl. Erinnerungen an den UHUDLA-Herausgeber, ein Jahr nach Stefan Webers Ableben am 7. Juni 2018.

Von Martin Wachter

Kommunismus und „Weltrevolution” waren ein halbes Jahrhundert die Triebkraft des künstlerischen Schaffens von Drahdiwaberl Kapellmeister Stefan Weber.


Der Kummerl und bekennende Anarcho wurde zum Inbegriff der „68” Bewegung im Wiener Untergrund und nicht nur dort. Überall wo Drahdiwaberl auftrat, war Aktsch’n und Heftig und Orgie auf der Bühne und im Publikum angesagt.

Die Welt ist zwar im Umsturz, aber nicht im Sinne des viereinhalb-Jahrzehnte-langen musikalischen-, anarchistischen- und aktionistischen Kampfes der Politrocker von Drahdiwaberl um und mit Stefan Weber. Sei’s drum! Stefan musste nach langer schwerer Krankheit ohne seinen Herzenswunsch „Weltrevolution” im Alter von 71 Jahren von diesem Planeten abtreten.

Stefan Webers Vater Fritz Weber war nicht nur einer der großen Architekten der Nachkriegszeit, sondern Zeit seines Lebens überzeugter Kommunist. Er hat mit Grete Schütte-Lihotzky die einstige KPÖ Zentrale in der Wiener Brigittenau planmäßig zu Papier gebracht.

Sohn Stefan hatte beruflich viel mit Papier zu tun. Er studierte bildende Kunst und Grafik an der Wiener Akademie. Nach dem Abschluss war er bis 2000 „Zeichenlehrer” an einem Wiener Gymnasium.

Mit 22 Jahren legte Weber den Grundstein für sein Lebenswerk. Die Polit-Rock-Punk-Aktion & Anarcho-Band – Drahdiwaberl. Eh klar, erster öffentlicher Auftritt 1969 am Fest der Kommunistischen Volksstimme im Wiener Prater. Ende der 70er Jahre stand er gemeinsam mit Lukas Resetarits Modell für ein politisches Poster der Kommunistischen Jugend Österreichs. Furore machten beide in der Fernsehserie „Kottan ermittelt”, des kommunistischen Schriftstellers Helmut Zenker. „Lonely”, ein kottanscher Musikhit landete bereits in der zweiten Woche auf Platz 1 der Ö3-Hitparade.

Der private, gutmütige und dezent höfliche Drahdiwaberl-Kapellmeister kämpfte auf der Bühne wie ein Berserker für Weltverbesserung und Rebellion. Dem politische Establishment, egal welcher Coleur und Koalition lehrte er mit seinen Texten und seiner Performance das fürchten. Ronald Reagans Kriegs und Sozialabbau Orgie löste er auf seine Art und Weise. Mit einem Album Mc Ronalds Massaker. Gegen Nazis und Faschisten hatte er musikalisch die „Werwolf-Romantik” parat. Den Sozialstaatszerstörern und PrivatisiererInnen konterte Stefan mit „Psychoterror”. Gnadenlos rechnete Weber mit der kleinbürgerlichen politischen Spießigkeit in seinen Bühnenshows ab.

Drahdiwaberl zelebrierten bei den großen Demos der Arbeiter und Studenten, bei Streiks und Unibesetzungen nicht nur den musikalischen Höhepunkt auf den Bühnen. Der ersten blauschwarzen Regierung von Jörg Haider und Wolfgang Schüssel schmetterte er ein Album namens „Torte statt Worte ins politische Antlitz. Stefan Weber und Drahdiwaberl hätten sicher wirkungsvolles gegen Wastl Kurz, Heinz Strache, Kickl, Köstinger, Klein, Hofer und Co auf Lager. Leider ist die österreichische Politik kein Wunschkonzert. Ist nicht verwunderlich, dass bei seinem Begräbnis am Wiener Zentral von seiner teilweise kostümierten und in Lack und Leder gewandeten Fangemeinde zum Abschied „Widerstand, Widerstand” und der Aufruf zur Weltrevolution immer wieder skandiert wurde.

„Ein halbes Jahrhundert Drahdiwaberl war zugleich Ideologie und Religion. Und du warst der Gott, Stefan. Ein marxistischer natürlich“

… ein Zitat von Thomas Rabitsch, dem Bandleader der Drahdiwaberl-Musikabteilung. Ja, so was bekommen „Trauergäste” in der Feuerhalle des Zentrals in Wien Simmering selten zu hören. Genau so aussergewöhnlich wie ein „I‘m going home“ aus der Rocky Horror Picture Show und den Klängen des „finalen Mulatschag”, videounterstützt und lautsprecherverstärkt.

Ciao Stefan

Fünfmal Stefan Weber You-Tube:

– Drahdiwaberl Wien 1979 im 20er Haus, mit Falco am Bass „Mad Cat Sadie”:

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