Grüne Werte in den Müll geworfen


Schwarzgrün funktioniert nicht
Es ist an der Zeit einen Schlussstrich zu ziehen und mein „grünes“ Kapitel zu schließen.

Joachim Kovacs ehemaliger Spitzenpolitiker der Wiener Grünen und Clubchef in der Ottakringer Bezirksvertretung

Anfang der 2000er Jahre habe ich mich grüner Politik verschrieben, inspiriert durch Menschen wie Karl Öllinger und Co., angetrieben vom Ziel, für mehr Chancengerechtigkeit und gegen soziale Ungleichheit zu kämpfen. Auf diesem Weg durfte ich viele tolle Menschen und spannende Persönlichkeiten kennenlernen.

Am schönsten bleibt mir die Zeit in Ottakring in Erinnerung. Hier durfte ich sechs Jahre lang als Klubvorsitzender Politik in einer rotgrünen Koalition aktiv mitgestalten. Danke an all meine KollegInnen und FreundInnen, die mich auf diesem Weg begleitet haben. Es war eine geile Zeit.

2018 war dann die Zeit gekommen um Abschied zu nehmen. Kurz nach der Geburt meiner kleinen Tochter legte ich alle Ämter zurück und freute mich auf die wohl schönste aller Herausforderungen: Daddy zu sein. Heute kann ich sagen „es war die richtige Entscheidung“.

Die vergangenen zwei Jahre waren dank meiner Familie die schönsten in meinem Leben und ich erlebte für meine Verhältnisse eine richtiggehende Entschleunigung.

Politisch interessiert blieb ich dabei immer, jedoch standen andere Dinge an erster, zweiter und dritter Stelle in meinem Leben

Und so sehr ich auch schon 2018 mit der grünen Funktionärselite gebrochen habe, so sehr freute ich mich 2019 mit den sogenannten „BasiswapplerInnen“ über das fulminante Comeback und hoffte aus der Ferne, dass man aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hatte und ich mich auf eine kantige, scharfe Oppositionspolitik freuen durfte. Dieser Wunsch wurde nicht nur nicht erfüllt, er wurde mit der türkisgrünen Regierung konterkariert.

Kann man mit türkis eine progressive Regierung bilden? Natürlich nicht. Kann man besser sein als türkisblau? Na hoffentlich, aber das ist kein Maßstab und tausendfach zu wenig. Was seither passiert ist, hätte man der SPÖ unter rotschwarz zurecht nie verziehen.

Ich habe mit mir schon wegen Moria und anderen Dingen gekämpft und mir immer wieder gesagt „ich kann sie nicht mehr wählen“. Jetzt muss ich erkennen, dass sie nicht einfach nur zu „schwach“ sind, was die Kräfteverhältnisse und den Mut in der Regierung betrifft, sondern dass intern auch immer noch dieselben unverbesserlichen Feiglinge am Werken sind.

HC Strache und Greta Thunberg haben mehr zum Grünen Comeback beigetragen, als die Hansln die sich jetzt in Wien zum Zukunftsteam quasi „selbstgekrönt“ haben. Sie haben aus den Fehlern mit den Jungen Grünen und dem Heumarkt nichts gelernt. Sie werden wieder glauben, sie könnten die Basis einlullen und ich traue mich wetten, sie touren schon längst durch die Bezirke mit ihrer Seite der Geschichte. Und ja, die Mehrheit der Basis wird ihnen für den Moment glauben, aber der zugefügte Schaden ist ein längerfristiger und der Nährboden für zukünftige Konflikte und Wahlniederlagen wurde durch diesen selbstsüchtigen Akt ein paar Weniger, gestützt durch ein paar mehr Gutgläubige, gelegt.

Den bislang breitesten demokratischen Wahlprozess in der Geschichte der Grünen Wien via Klub auszuhebeln ist „Schüsselesk” (Ehemaliger ÖVP Bundeskanzler). Auch er hat sich einst als Dritter zum Kanzler aufgeschwungen und dies mit Mehrheiten argumentiert. Kann man schon machen. Man sollte dann halt auch gleich mal die Grünen Grundwerte in den Müll entsorgen, denn sie sind dann das Papier nicht wert auf dem sie stehen.

Und für die, die jetzt argumentieren, es wäre zum Wohle der Grünen Wien passiert weil Birgit (Hebein) „sei so schwierig“: Es sei euch gesagt, es ist zum Wohle der Geldbörse von drei Menschen passiert, mit der Option die Karriereleiter weiter rauf zu klettern und ein paar jubelnde Groupies mitzunehmen. Alle die das jetzt verteidigen: Schaut euch in den Spiegel und fragt euch bitte wie ihr noch vor wenigen Wochen für diese Frau, die jetzt angeblich nicht mal einen Klub von 18 Menschen managen kann, gelaufen seid und sie als eure Bürgermeisterkandidatin auf ein Wien von zwei Millionen WienerInnen aufpassen sollte?

Ich merke, ich ärgere mich schon wieder zu viel. Und damit ich das nicht mehr muss, schreibe ich jetzt einen Brief und bitte meine ruhendgestellte Mitgliedschaft zu beenden.

Politik juckt mich nach wie vor, aber nicht diese Art von Politik. Es werden sich andere Optionen auftun, falls ich mal wieder wirklich und so richtig Lust kriege, selbst in den Ring zu steigen.

Joachim Kovacs, der Burgenländer ist ehemaliger Landessprecher der Österreichischen Grünen in Wien und Tenniscoach im steirischen Hartberg. Im August 2018 gab er seinen Rückzug aus der Politik bekannt.
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