Dieser Krieg ist nicht unser Krieg

© Martin Wachter. 1991 rollten schwere Waffen der NATO Richtung Irak Krieg. Große Protestbewegung gegen die Waffentransporte und mega Aufgebot der Polizei sicherte die Transportroute im Großraum Innsbruck.

Die Linke? Gegen den Krieg Was tun? ■ Als Linker, als Friedensaktivist, als Antifaschist? Kriegshetze geht gar nicht.

Eine Trilogie von Hannes Hofbauer. Teil III:

Die Rede von (unserer) Freiheit, für die national bis rechtsradikal gesinnte Ukrainer kämpfen sollen, ist widerlicher Propaganda-Sprech mit tödlicher Auswirkung. Er instrumentalisiert die Notlage eines Volkes in der Hoffnung, damit opferbereite Menschen gegen Russland gefunden zu haben. Die ukrainischen Helden von heute werden morgen ihre Schuldigkeit getan haben.

Gegen den Krieg! Das muss ohne jede Verzögerung den sofortigen Stopp aller Waffenlieferungen in die Ukraine beinhalten. Schon deshalb, weil die Waffen nur dazu dienen können, den Krieg, das Morden und das Leiden zu verlängern. Und auch deshalb, weil sie auch, wie mittlerweile klar geworden ist, millionenfach in dunklen Kanälen verschwinden, aus denen in naher Zukunft kriminelle und faschistische Banden auftauchen können, um in den zunehmend sozial destabilisierten Gesellschaften Europas Schrecken und Unsicherheit zu verbreiten. Waffenlieferungen in Kriegsgebiete ohne UN-Mandat stellen zudem rechtlich eine Verletzung des allgemeinen Gewaltverbotes dar. Sie beschleunigen die Zerstörung der Ukraine.

Und wenn der Sinn von Panzern und Raketen sein soll, einen Regime-Wechsel in Russland – nach dessen herbeigesehnter Niederlage – zu bewerkstelligen, dann sehe man sich an, was aus dem vom Westen mitinszenierten Regimewechsel in der Ukraine 2014 geworden ist: ein Bürgerkrieg samt abgespaltenem Landesteil (die Krim) und letztlich eine kriegslüsterne Führungsschicht, deren Außenpolitik sich darin erschöpft, Waffen zu fordern und jene Länder in der Welt zu brandmarken, die dem Sanktionsregime gegen Moskau nicht hundertprozentig folgen.

Gegen den Krieg! Das bräuchte die gesellschaftliche Ächtung (und juristische Verfolgung) der Kriegstreiber in der Europäischen Union, von Borrell über Gauck bis Baerbock. Dass wir davon weit entfernt sind, darf uns nicht entmutigen. Unser Selbstverständnis muss lauten – gegenteilig zu deren Losung – „Euer Krieg ist nicht unser Krieg“. Und damit sind freilich alle Kriegsparteien gemeint: die mit Schießbefehl in Moskau und Kiew sowie diejenigen in den Amtsstuben Berlins, Brüssels und Washingtons, die Milliarden von Euros und Dollars zur Weiterführung des Mordens bereitstellen.

Gegen den Krieg! Das muss auch die Aufhebung der seit April 2014 bestehenden und seither um ein Vielfaches gesteigerten Sanktionen gegen die russische Wirtschaft inkludieren. Ihre Strangulierung macht die Menschen hüben wie drüben ärmer, lässt sie im Winter frieren und vergrößert die ohnedies bereits weit auseinanderklaffende soziale Schere. Die Enteignung russischer Reicher kann nur zu einem russenfeindlichen Gesellschaftsklima führen, wenn nicht zeitgleich auch die obszönen Reichtümer deutscher, britischer, französischer und italienischer Oligarchen verstaatlicht werden. Da dies in naher Zukunft nicht zu erwarten ist, sind die von Brüssel geforderten Eingriffe ins Eigentumsrecht abzulehnen.

Gegen den Krieg! Das heißt, dem Aufrüstungswahn entgegentreten. Statt Milliardenzahlungen an Waffenfirmen zu tätigen, müssten die Gelder in Sozialprogramme gesteckt werden. Es ist schier unglaublich, in welcher Rasanz die politische Elite EU-Europas (und der USA) jede Vernunft und jede positive Zukunftsvision der Kriegseuphorie geopfert hat.

Gegen den Krieg! Das muss die Rücknahme der Suspendierungen und Ausschlüsse Russlands aus internationalen Organisationen beinhalten. Ohne entsprechende Plattformen ist ein Dialog – so konfliktreich er immer auch sein mag – nicht möglich. Er wird unumgänglich und notwendig sein.

Gegen den Krieg! Das heißt auch, sich bei all den russischen Kulturschaffenden und SportlerInnen – von Stardirigent Valery Gergiew bis zu russischen Fußballteams – für ihren Ausschluss aus dem europäischen Kultur- und Sportleben zu entschuldigen. Nähme man diese ungeheuerliche Maßnahme bei jedem Krieg vor, den die USA, die NATO, Frankreich, Großbritannien, Saudi-Arabien, Pakistan, Indien usw. in den vergangenen Jahrzehnten geführt haben, dann wäre jeder Kultur- und Sportaustausch schon längst zum Erliegen gekommen.

Gegen den Krieg! Das muss folgerichtig die Einrichtung von Dialog-Formaten auf internationaler Ebene bedeuten. Dabei muss es um die Anerkennung der beiden Volksrepubliken Donezk und Luhansk (ev. nach der Blaupause der kosovarischen Unabhängigkeit) gehen sowie um eine militärische Neutralisierung der Rest-Ukraine. Zudem um Wiederaufbauprogramme für die Ukraine sowie Hilfe für die Rückführung von Millionen Geflüchteten. Nur eine von der UNO geleitete und von allen Kriegsparteien akzeptierte politische und militärische Sonderkommission darf für die Überwachung und Einhaltung der Gesprächsresultate eingesetzt werden.

Von Hannes Hofbauer ist zum Thema in 7. Auflage erschienen: „Feindbild Russland. Geschichte einer Dämonisierung“.

Hannes Hofbauer:
„Die Diktatur des Kapitals. Souveränitätsverlust im postdemokratischen Zeitalter“
© Promedia 2014; ISBN: 978-3-85371-376-1.
240 Seiten, Preis: 17,90 Euro.
E-Book: Preis: 14,99 Euro;
ISBN: 978-3-85371-825-4.

Der Autor Hannes Hofbauer studierte Wirtschafts- und Sozialgeschichte und arbeitet als Publizist und Verleger. Im Promedia Verlag sind von ihm zum Thema erschienen: „EU-Osterweiterung. Historische Basis – ökonomische Triebkräfte – soziale Folgen“ (2008) und Feindbild Russland. Geschichte einer Dämonisierung. (2016).

Teil I: Historischer Rückblick
Teil II: Kulturschaffende für den Krieg

Diese Analyse von Hannes Hofbauer ist auch bei rubikon.news erschienen.

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