Das Café Nil

Den Tüchtigen gehört die Welt

Luitgard und Halim. Foto: Lohmeyer

Was passiert, wenn eine junge deutsche (damals noch ostdeutsche) Studentin ihren Traummann aus Ägypten trifft? Sie kommen nach Wien und eröffnen ein Café. So geschehen vor 25 Jahren.
Inzwischen hat sich das Café zum Kult(-ur)-Treffpunkt in Wien gemausert, hat zahlreiche Höhen und Tiefen durchlebt, ist aber immer das geblieben, was ursprünglich geplant war. Nämlich: das Café Nil in der Siebensterngasse im 7.Wiener Bezirk.
Von Walter Lohmeyer, erschienen in der UHUDLA Ausgabe 101/2014

25 Jahre  Kaffeesiederei, 25 Jahre Alltagsgeschichten

Ein Vierteljahrhundert, Stress, Freude, Ärgernisse, da gibt’s genug zu berichten. Halim und Luitgard lassen diese Zeit Revue passieren: „Ich war gerade beruflich in Deutschland unterwegs (für eine ägyptische Import-Export Firma) da habe ich Luitgard kennen und lieben gelernt; beruflich wollte ich eine Veränderung. So beschlossen wir in die Gastronomie zu wechseln.“
Ich kannte Wien von meiner Studienzeit her, erzählt Luitgard und so war es naheliegend in die damals sicher noch eher „verschlafene“ nicht sehr Szenenlokal-reiche Donaumetropole zu übersiedeln. „Aller Anfang ist schwer“ erinnern sich beide. Eine Ostdeutsche und ein Ägypter als Cafetier(re) – ein Novum, das es nicht alle Tage gab.
Man akzeptierte uns zwar, aber der Respekt blieb anfänglich aus.“ Doch Fleiß und  Kreativität versetzen zuweilen Berge und die zwei Junggastronomen lernten, sie lernten schnell. Halim schaffte nach vier Jahren die Konzessionsprüfung mit Auszeichnung.
Er führte in der Küche Regie (was ihm auch heute noch Spaß macht -Anm.d.Red) und Luitgard bediente die Gäste. Damals gerade zum ersten Mal Mutter geworden, eine Doppelbelastung für das junge Ehepaar.
„Ein Sprung ins kalte Wasser war es schon, dennoch meisterten wir so manche Hürde, überlebten wir einige Querelen“, lachen die zwei unisono.
Schließlich auch die Veränderung, die Österreich langsam aber sicher erreicht. Die Grün-Bewegung setzt sich durch, gewinnt immer mehr an Bedeutung. Die damit verbundene gesellschaftliche Neuordnung, das Umdenken in der Gesellschaft zu einem Miteinander, statt gegeneinander aufzutreten, „Habt Ehrfurcht vor Natur und Leben.“
Diese Einstellung, diese „new order“ halfen  Luitgard und Halim, bekräftigen und bestärken sie in ihrer Arbeit. „Wir waren immer für biologisches Essen und Trinken. Damals war es  schwer, den Einkauf so zu bewerkstelligen. Es fehlte einfach an den Quellen, die Waren entsprechend zu besorgen.
Heute ist Konsumentin, Konsument, aufgeklärt, weiß sehr wohl zu unterscheiden – auch die Möglichkeiten, Produkte  Fair-Trade und rein biologischer Herkunft zu kaufen sind ein Vielfaches von damals.

Das Wiener Café wird es, so oder so, immer geben

„Demnach seid ihr ja auch das erste Bio-Lokal Wiens?“  „Das Erste ist eigentlich unwichtig, wir leben so schon in einer viel zu ausgeprägten Wettbewerbsgesellschaft, jeder will den anderen übertrumpfen, mit was weiß ich welchen Rekorden, brillieren mit dem besten High-Tech Wunder Wuzzi-Allround Gerät“ ärgert sich Halim.
Und Luitgard beschwich  tigt: „Damals war eine Zeit des Umdenkens, heute sind diese Dinge selbstredend, selbstverständlich. Innovationen bestimmen nun mal das Leben, so auch heute. Die digitale Welt hat uns fest im Griff. Möglich, dass in einiger Zeit computerfreie Zonen entstehen, solche Lokalitäten boomen-wer weiß?“
„Eine Anspielung auf die akute Nichtraucherkampagne und den damit verbundenen Auflagen für die Gastronomie?“. „Nein, bei Gott nicht. Dass das Rauchen schädlich ist, weiß jeder, nicht erst seit jetzt. Wir sind ein Nichtraucherlokal geworden, wegen der Umsetzung der baulichen Verordnungen, das wäre schwer, beinahe unmöglich, gewesen. Der Geschäftsgang war und ist, zum Teil auch heute noch, davon betroffen. Aber: „Time change everything“ C’est la vie – So ist das Leben.“
„Stehen der Besucherin, dem Besucher in naher Zukunft Veränderungen im Café Nil bevor?“ „Schau ma mal“ schmunzelt Halim im perfekten Wienerisch, und Luitgard ergänzt, nicht ohne Stolz:
„Dalia, unsere jüngste Tochter, ist Modedesignerin, wird vielleicht  einmal einen Teil des Cafés für ihre Kreationen nutzen, sie dort einem breiten Publikum vorstellen und präsentieren. Das Café Nil wird es aber, so oder so, immer geben“.
Denn dazu liegt beiden viel zu viel daran, haben sie eine Menge Kraft und Energie investiert. Für Luitgard und Halim fällt mir dazu ein treffendes Sprichwort ein: „Den Tüchtigen gehört die Welt“, und da mag die Zeit auch noch so viel Veränderungen erleben.

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