Die ganze Welt ist Bühne

Aron
© Walter Lohmeyer

Jungschauspieler Aaron Friesz im Gespräch ■ Wir treffen einander im Café der Eltern, im „Europa“, in der Zollergasse in Wien Neubau.
Erschienen in der UHUDLA Ausgabe 103/2015

Aaron Friesz, (Bild rechts) der hypertalentierte Jungschauspieler, wirkt eher zurückhaltend, ruhig, für Außenstehende beinahe introvertiert, doch dann beginnt er zu sprechen, (die Sprache, das Timbre, erinnert an den jungen Oskar Werner, Anm. der Red.) zu erzählen und da hört man den Schauspieler, erkennt man das Talent, das in diesem jungen Mann steckt.

„Ich komme ja aus einer Gastronomie-Familie, habe selbst die Gastro-Fachschule besucht (weil ich wissen und erkennen wollte, was da dahintersteckt: Nur rein mechanische Arbeitsabläufe? Kreativität? Beides?). Und ich musste mir selbst eingestehen: Nein, das kann, will ich nicht, darin liegt nicht meine Bestimmung“. Aber als Gastgeber zu fungieren, zu brillieren, den Menschen den Spiegel vorzuhalten, ihnen zu zeigen: Ich spiele, verkörpere das, was ihr seid, das wollte ich.“

Eimal in die wunderschöne und verrückte Welt des Theaters eingetaucht, und du lernst das künstlerische Handwerk wie von selbst

„Das Reinhardt-Seminar nahm mich auf und ich kam bis zur 3. Runde. Was in Wirklichkeit so viel heißt, wie: Du bist begabt, hast Talent, wirst und kannst Deinen Weg machen, aber (noch) nicht als Reinhardt-Seminarist.
Also bewarb ich mich im Burgtheater für das Theaterjahr, wurde gleich genommen, um als Entrée in Heinrich von Kleists: Michael Kohlhaas zu spielen. Einmal in dieser wunderschön-verrückten Welt des Theaters, der Schauspielerei, Heimstatt der Komödien und Tragödien, der Gauklerei, des Lampenfiebers und du lernst – wie von selbst – Menschen deines Schlags kennen. Einige Regisseure und Intendanten werden aufmerksam. So auch bei mir.“
Im Rabenhof-Theater in Wien Erdberg brillierte er im Thomas Gratzers Stück: „Sechs Österreicher“ unter den ersten fünf (Regie: Nikolaus Habjon); im Volkstheater in Josef Hays Drama: „Haben“ (Regie: Robert Alfödi) als Polizist Dani Balló, um jetzt im Burgtheater in Sophokles „Antigone“ im Chor mitzuwirken (Jette Steckel inszeniert, übrigens nach zahlreichen Erfolgen am Thalia Theater Hamburg und am Deutschen Theater Berlin, erstmalig am Burgtheater).
„Eine ganz neue Herausforderung“, gibt der 27jährige Jung-Mime unumwunden zu, „hier zählt die Sprache noch mehr als sonst, der Chor überträgt das Stück ins Publikum, um es dort wirken zu lassen, nennen wir es ein energetisches Wechselspiel.“

Als Schauspieler bist du in einem permanenten Lernprozess, Glück und Talent müssen einander die Waagschale halten

Auch für die nahe Zukunft ist Aarons Friesz Terminkalender randvoll. Von Juli bis August bei den Sommerspielen Perchtoldsdorf als junger Prinz Ferdinand in William Shakespeares „Der Sturm“ auf der Bühne, um im Herbst in das Filmgenre zu wechseln, Maximilian I., ein Dreiteiler (ORF-ZDF Koproduktion). Federführend wird niemand geringerer als Andreas Prochaska sein („Das Attentat-Sarajevo 2014“, „Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott“).
Neben Johannes Krisch, Tobias Moretti, Stefan Pohl und Miriam Fussenegger wird auch Aaron Friesz vor der Kamera stehen.
„Läuft man nicht Gefahr, ob all dieser Erfolge, Engagements und Projekten überheblich zu werden, zu denken, es geht ständig, stetig aufwärts?“
„Nein, bei Gott nicht“, beruhigt Aaron, „denn als Schauspieler befindest du dich in einem permanenten Lernprozess, Glück und Talent müssen einander die Waagschale halten, wenn dem nicht so ist, zerbrichst du daran.“
„Gibt es  die  Rolle, die du gerne spielen möchtest?“ „Ja, die gibt es. Meinen größten Feind möchte ich spielen, nämlich einen Dummen, der ungestraft böse sein kann. Ich will es in einer Parabel veranschaulichen: Mit dummen Menschen zu kommunizieren ist, wie mit einer Taube Schach zu spielen. Egal wie gut du spielst, die Taube springt aufs Feld, wirft alle Figuren um, scheißt drauf, und stolziert davon, als hätte sie gewonnen.
Dieses Rollenspiel erleben wir täglich, in irgendeiner Form, sehen es hautnah, verspüren es am eigenen Leib. Das zu verkörpern ist schwer, verdammt schwer.“ Aaron Friesz blickt mich nachdenklich an:
„Die ganze Welt ist Bühne“.
Text & Foto: Walter Lohmeyer

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