Welttag der Poesie

© Henrietta Bilawer
20. und 21. März Samstag genau um 10.37 Uhr, beginnt der kalendarische Frühling – und morgen, am Sonntag, ist der Welttag der Poesie.

Von Henrietta Bilawer

Beides passt zusammen, denn was wäre der Frühling ohne Verse.

Im Jahr 2000 hat die UNESCO den 21.3. dazu auserkoren, den Stellenwert der Poesie als Teil des vielfältigen Kulturguts Sprache zu betonen und auch an die Bedeutung mündlicher Traditionen zu erinnern. Die Dichtkunst nehme auch im Zeitalter der Informations-Technologien einen wichtigen Platz ein, so UNESCO. Ohne Poesie wäre das kulturelle Leben ärmer und düster.

Ich habe für beide Daten gemeinsam ein Frühlings-Gedicht von Miguel Torga (1907 – 1995) ausgesucht. Der Dichter und Schriftsteller war hauptberuflich Arzt. Er wuchs in der Nordregion Portugals in Trás-os-Montes auf und die Stimmung und Lebenserfahrung aus dieser kargen Gegend prägen Torgas Texte.

In den Versen schwingt die Freude über mehr Licht und Wärme in der Natur ebenso mit wie der tief verwurzelte Zweifel an jeglicher Beständigkeit. ‘Miguel Torga’ ist ein Pseudonym – der tatsächliche Name lautete Adolfo Correia da Rocha – und auch der gewählte Name ist eine Verbeugung vor der iberischen Kultur; ‘Miguel’ steht für zwei große Persönlichkeiten: Miguel de Cervantes, der Schöpfer des Dom Quijote, und Miguel de Unamuno, ein spanischer Schriftsteller und Philosoph. ‘Torga’ ist eine wilde Gebirgspflanze, die in der Trockenheit zwischen den Felsen starke Wurzeln schlägt und weiße, violette oder weinrote Blüten trägt.

FRÜHLING
Öffne dich, Frühling!
Ich habe ein Gedicht, das wartet
Auf dein Lächeln.
Ein Gedicht, unentschlossen
Zwischen Mut und Feigheit.
Ein Gedicht von lyrischer Freude
Gezügelt,
Fürchtend, zu spät zu sein
Oder zu früh.
Früher einmal, da erwachtest du
Wenn ich dich ankündigte.
Wenn ich sang,
Und in meinem Gesang wurdest du Wirklichkeit
Und die Zeit bestätigte dich.
Jeder Vers war die Blume, die du versprachst
In der erträumten Zukunft…
Jetzt folgt man anderen Regeln: du beginnst,

Und erst danach singe ich voll Vertrauen.

PRIMAVERA
𝘈𝘣𝘳𝘦-𝘵𝘦, 𝘗𝘳𝘪𝘮𝘢𝘷𝘦𝘳𝘢!
𝘛𝘦𝘯𝘩𝘰 𝘶𝘮 𝘱𝘰𝘦𝘮𝘢 𝘢̀ 𝘦𝘴𝘱𝘦𝘳𝘢
𝘋𝘰 𝘵𝘦𝘶 𝘴𝘰𝘳𝘳𝘪𝘴𝘰.
𝘜𝘮 𝘱𝘰𝘦𝘮𝘢 𝘪𝘯𝘥𝘦𝘤𝘪𝘴𝘰
𝘌𝘯𝘵𝘳𝘦 𝘢 𝘤𝘰𝘳𝘢𝘨𝘦𝘮 𝘦 𝘢 𝘤𝘰𝘷𝘢𝘳𝘥𝘪𝘢.
𝘜𝘮 𝘱𝘰𝘦𝘮𝘢 𝘥𝘦 𝘭𝘪́𝘳𝘪𝘤𝘢 𝘢𝘭𝘦𝘨𝘳𝘪𝘢
𝘙𝘦𝘧𝘳𝘦𝘢𝘥𝘢,
𝘈 𝘵𝘦𝘮𝘦𝘳 𝘴𝘦𝘳 𝘵𝘢𝘳𝘥𝘪𝘢
𝘌 𝘴𝘦𝘳 𝘢𝘯𝘵𝘦𝘤𝘪𝘱𝘢𝘥𝘢.
𝘋𝘢𝘯𝘵𝘦𝘴, 𝘯𝘢𝘴𝘤𝘪𝘢𝘴
𝘘𝘶𝘢𝘯𝘥𝘰 𝘦𝘶 𝘵𝘦 𝘢𝘯𝘶𝘯𝘤𝘪𝘢𝘷𝘢.
𝘊𝘢𝘯𝘵𝘢𝘷𝘢,
𝘌 𝘯𝘰 𝘮𝘦𝘶 𝘤𝘢𝘯𝘵𝘰 𝘢𝘤𝘰𝘯𝘵𝘦𝘤𝘪𝘢𝘴
𝘊𝘰𝘮𝘰 𝘰 𝘵𝘦𝘮𝘱𝘰 𝘥𝘦𝘱𝘰𝘪𝘴 𝘵𝘦 𝘤𝘰𝘯𝘧𝘪𝘳𝘮𝘢𝘷𝘢.
𝘊𝘢𝘥𝘢 𝘷𝘦𝘳𝘴𝘰 𝘦𝘳𝘢 𝘢 𝘧𝘭𝘰𝘳 𝘲𝘶𝘦 𝘱𝘳𝘰𝘮𝘦𝘵𝘪𝘢𝘴
𝘕𝘰 𝘧𝘶𝘵𝘶𝘳𝘰 𝘴𝘰𝘯𝘩𝘢𝘥𝘰…
𝘈𝘨𝘰𝘳𝘢, 𝘢 𝘭𝘦𝘪 𝘦́ 𝘰𝘶𝘵𝘳𝘢: 𝘱𝘳𝘪𝘯𝘤𝘪𝘱𝘪𝘢𝘴,

𝘌 𝘴𝘰́ 𝘦𝘯𝘵𝘢̃𝘰 𝘦𝘶 𝘤𝘢𝘯𝘵𝘰 𝘤𝘰𝘯𝘧𝘪𝘢𝘥𝘰.

• Das Foto hat Henrietta Bilawer in ihrem Freiluftwohnzimmer in Praia da Rocha gemacht; auch diese Blumen wachsen an einem steinigen Felsen.

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