Kalter Rechtswind in Lousitanien

G RTP Portugal

Präsidentenwahl in Portugal Eigentlich wäre die Präsidentschaftswahl unspektakulär, wäre da nicht ein rassistisch, faschistischer und frauenfeindlicher Schreihals und medienverhätschelter Rechter namens André Ventura auf der politischen Landkarte zum Fischen im Trüben angetreten.

Martin Wachter berichtet aus Lisboa

Seit dem 24. Jänner 2021 bewegt sich das gesellschaftliche politische Pendel auch in Portugal stimmenmässig nach rechts.

Bei der Wahl im Corona-Modus gingen überraschenderweise 39,5 Prozent der Stimmberechtigten zu den Urnen. Beachtlich, denn in den Jahren 2011 und 2016 war der Prozentsatz nicht viel höher. Der Amtsinhaber Marcelo Nuno Duarte Rebelo de Sousa von der konservativen sozialdemokratischen Partei PSD hat fast zehn Prozent zugelegt und kann seine zweite und letzte fünfjährige Periode im Präsidentensessel fortsetzen.

Der volksnahe 72jährige Präsident Rebelo de Sousa konnte seinen Stimmenanteil von 50 auf 60,7 Prozent steigern.

Mit Müh und Not erreichte die Sozialistische „inoffizielle” Kandidatin von der Sozialdemokratischen Regierungspartei im Parlament mit 12,7 Prozent den zweiten Platz. Ana Gomes hatte die Unterstützung der kleinen Parlamentsfraktionen der Partei Mensch Tier & Natur mit fünf VertreterInnen im Parlament und einer, ein Mandat zählenden Liberalen Partei.
Eine unliebsame Überraschung lieferten die beinahe 500.000 WählerInnen für den 38 Jahre alten gelernten Uni-Professor und Ultra-Rechten André Ventura. Ein halbes Jahr vor der Parlamentswahl gründete der von der rechtskonservativen PSD abgesprungene Ventura seine „Führer-Partei” Chega (übersetzt: Es reicht). Mediale Unterstützung war dem Rechtsaußen sicher, war er doch Mitarbeiter der portugiesischen „Kronen Zeitung” namens Correio de Manha (Morgenpost). Nach einer Wahlschlappe seiner Dreierkoalition mit nur 1,5 Prozent bei der EU-Wahl im Mai 2019 verließ er das Wahlbündnis und war nur noch „Chega”. Im Oktober 2019 schaffte er mit einem Ergebnis von nur 67.500 Stimmen und 1,29 Prozent WählerInnenanteil mit einem Mandat in Lisboa den Einzug ins portugiesische Parlament. Somit war erstmals seit dem 25. April 1974 ein Politiker einer rechtsextremen Partei Abgeordneter der Assembleia.

Seit Oktober 2019 ist der rechtsradikale Schreihals in allen Medien. Besondere Unterstützung wird ihm vom privaten Fernsehsender des Correio de Manha zu teil. Allerorts verkündet André Ventura selbstherrlich, Gott habe ihn für „seine” Mission ausgesucht um in zehn Jahren mit seiner Rechtsaußen-Partei die politische Führung des Landes zu übernehmen. Ups – der ist ja wie der Wastl Kurz in Austria. Zur Unterstützung seiner Mission lädt er gerne Gleichgesinnte aus anderen Ländern ein. Die französische Rechtsradikale Le Pen fungierte als missionare Wahlhelferin.
Auf der Inselgruppe der Azoren fiel seine Propaganda auf fruchtbaren Boden, obwohl er mit den Insulanern im Atlantik nichts am Hut hat. Dort reichen seine drei Mandate zur Tolerierung einer Minderheitsregierung mit der konservativen PSD und zwei anderen gemäßigten Rechtsparteien.

Die Chega-WählerInnen überhören und übersehen die gefährlichen Absichten, die im Parteiprogramm festgeschrieben sind:

„Die Abwicklung des staatlichen Bildungssystems und des Gesundheitswesens stehen ganz oben auf Venturas Agenda. Daneben erklärt er, gegen Korruption zu kämpfen, ist allerdings selbst trotz seines Abgeordnetenamtes weiterhin als Rechtsberater für Firmen tätig, was zu Interessenkonflikten führt.
Zudem polarisiert er mit einem ureigen portugiesischen, sehr heiklen Thema: In den vergangenen Jahren hat ein Nachdenken über die koloniale Geschichte des Landes begonnen, die zunehmend kritisch hinterfragt und nicht mehr ausschließlich als heldenhafte Entdecker-Historie dargestellt wird. André Ventura und seine Partei bekämpfen diese Entwicklung vehement, propagieren eine nationalistische Bewertung und stellen sich gegen eine kritische Betrachtung der eigenen Kolonial-Geschichte”, schreibt die in Portugal lebende Journalistin und Autorin Henrietta Bilawer auf ihrer FB Seite.
Wie ernst André Ventura seine Versprechungen meint, dürfte sich in den nächsten Tagen herausstellen: Sollte er bei den Präsidentschaftswahlen Platz Zwei verfehlen, so wolle er zurücktreten, betonte er mehrfach. Wird dem portugiesischen Messias, als Drittplatzierten mit 10,12 Prozent Stimmenanteil und 469.582 WählerInnen eine Ausrede gegen den Bruch des Versprechens einfallen?

Die linken Parteien Portugals sind wieder einmal mit enormen und neuen großen Herausforderungen konfrontiert

Die Covid-19 Pandemie in Portugal hat nicht nur eine gesundheitliche, sondern auch eine politisch ökonomische Komponente. Schon jetzt sind die Auswirkungen für das soziale Leben an der westlichen Atlantikküste auf der iberischen Halbinsel enorm. Die Überwindung der Finanzkrise um 2010 ist noch gar nicht gelungen, obwohl die seit 2015 regierenden Sozialisten von Ministerpräsident Antonio Costa bescheidene Erfolge vorweisen können. Die Staatsverschuldung ist eine schwere Last und lässt nicht viel Spielraum für eine Gesundung der Wirtschaft und der sozialen Verbesserung. Die Arbeitslosenzahl ist wieder im Millionenbereich, der touristische Sektor so gut wie zusammengebrochen und so weiter und so fort.

Die Präsidentschaftswahlen sind sicher kein Spiegel der gegenwärtigen politischen Verhältnisse. Die zwei linken Parteien in Portugal müssen zu Kenntnis nehmen, dass sie von den Wählerinnen und Wählern nicht ausreichend bevorzugt wurden. Der Kandidat der Kommunisten PCP Joao Ferreira 43 Jahre alt, erzielte ein leicht besseres Ergebnis als vor fünf Jahren – mit 180.473 Stimmen und 4,32 Prozent verbucht er den vierten Platz.
Marisa Matias, die 45 Jahre alte Kandidatin des Linksblocks, Bloco de Esquerda mußte sich mit nur 3,95 Prozent begnügen – bei der letzten Präsidenten-Wahl 2016 war sie Drittplatzierte mit 10,12 Prozent der Stimmen.

Im Oktober 2021 werden auf Portugals Festland 308 Bezirks-BürgermeisterInnen gewählt. Das ist in Portugal eher die wichtigere Wahl, weil es keine Landesparlamente gibt.
Politische Spannung ist vorprogrammiert.

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