Pablo Hasél ein Symbol des Widerstands


Freiheit und Demokratie verteidigen
In Spanien sitzen mindestens 15 Künstler im Gefängnis, weil ihnen das Recht auf freie Meinungsäußerung verwehrt wird. Äußerungen, die in den meisten Demokratien als Satire oder Kritik an öffentlichen Personen eingestuft werden, führen dort zu hohen Geldbussen oder gar Haftstrafen.

Von Rui Filipe Gutschmidt

„Verherrlichung von Terrorismus“ oder „Majestätsbeleidigung“ sind Straftaten, aus einem Gesetz, dass von der Regierung unter Mariano Rajoy (Volkspartei) 2015 erlassen wurde.
Gegen dieses anachronistische Gesetz sprechen sich von Beginn an unzählige Persönlichkeiten und Organisationen aus. Die Proteste in Spanien haben noch ganz andere Gründe. Die portugiesische Zeitschrift „Sabado“ (Samstag) erklärt in einem ausführlichen Beitrag was in Spanien, insbesondere auf den Straßen von Barcelona wirklich vorgeht.

Die Verurteilung Pablo Haséls ist für die spanische Linke ein Symbol für die Unterdrückung der Meinungsfreiheit.

In der Öffentlichkeit findet gerade dieser Fall eine bemerkenswerte Beachtung. Dies liegt daran, dass es sich hierbei nicht um einen Einzelfall handelt. Viele Künstler und GewerkschafterInnen und Medienpersönlichkeiten, wurden wegen Verstoßes gegen das Gesetz über die öffentliche Sicherheit von 2015 vor Gericht gestellt und verurteilt. Laut Sabado, wurde der katalanische Rapper wegen Taten aus der Zeit zwischen 2014 und 2016 inhaftiert, als er 64 Nachrichten auf Twitter und einen Song auf YouTube veröffentlichte. In einer der Botschaften, die ein Foto eines Mitglieds der Organisation Grapo begleitete, schrieb er: „Die Demonstrationen sind notwendig, aber nicht genug. Lassen Sie uns diejenigen unterstützen, die weiter gegangen sind.“ Die Grapo ist eine antifaschistische Organisation, die mehrere politische Morde und Entführungen zwischen 1975 und 2006 begangen hat. Doch ist wohl die Aussage von Pablo Hasél recht wage gehalten und in einem Rechtsstaat eigentlich nicht als Aufruf zur Gewalt zu werten.

Einige Tweets bezogen sich auch auf den ehemaligen König Juan Carlos, der zu Gunsten seines Sohnes Philippe VI abdankte, und den Hasel als Mafiaboss bezeichnete. Die spanische Justiz betrachtete diese Veröffentlichungen als „Beleidigung der Monarchie“, „Anstiftung zur Gewalt“ und „den Terrorismus lobend“ und verurteilte Hasél 2018 zu einer zweijährigen Haftstrafe, die auf etwa neun Monate reduziert wurde, weil seine Botschaften „für niemanden eine wirkliche Gefahr darstellten“.

Nach dem vom Obersten Gerichtshof bestätigten Urteil hatte der Rapper bis Ende Februar 2021 Zeit, sich freiwillig den Behörden zu stellen. Aber er hatte versichert, dass er es nicht tun würde: Er wollte „der Polizei das Leben so schwer wie möglich machen. Ein paar Tage später wurde Pablo Hasél verhaftet.
Zusätzlich zu dieser Strafe steht Hasél für andere Verbrechen im Visier der Justiz. 2017 wurde er wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und des Ungehorsams gegenüber der Autorität und 2018 wegen Hausfriedensbruch verurteilt.

„Wir haben es satt” – Eine Woge der Empörung mit Protesten, Demonstrationen und Unruhen erfasst Spanien

Die Proteste in Spanien gegen Haséls Verhaftung wurden an drei aufeinanderfolgenden Nächten in den sozialen Medien von Unabhängigkeitsgruppen mit Slogan „Wir haben es satt“ heraufbeschworen. In Barcelona gingen am 28. Februar tausende Menschen auf die Straße. In einigen spanischen Städten haben sich Proteste in Unruhen verwandelt. Die Proteste halten an, stellen inzwischen aber immer mehr die prekäre Lage der Menschen in den Mittelpunkt. Besondere die Jugend macht die Perspektivlosigkeit einer fehlenden Zukunft wütend. Keine, oder nur schlecht bezahlte Arbeit, hohe Mieten, schlechte Ausbildungschancen. Von Praktikum zu Praktikum fühlen sich selbst junge Studienabgänger als kostenlose Hilfskräfte ausgebeutet und seit Covid-19 wurde alles noch schlimmer.

Der Vorsitzende der Parlamentsfraktion des Linksblocks Podemos, Pablo Echenique, schrieb auf Twitter, dass er die Demonstranten unterstützt. „Meine ganze Unterstützung für junge Antifaschisten, die Gerechtigkeit und freie Meinungsäußerung auf den Straßen fordern“, schrieb er wörtlich.
Der spanische sozialdemokratische Premierminister sprach öffentlich über die Unruhen und sagte, dass er jede Art von Gewalt als unzulässig betrachtet. Pedro Sánchez (PSOE) garantierte auch, dass die spanische Exekutive die Sicherheit im Land gewährleisten wird.

In einem Manifest von portugiesischen Künstlern wird die sofortige Freilassung von Pablo Hasél gefordert

Nachdem mehr als hundert Künstler und Fachleute der portugiesischen Kultur ihre Unterstützung in sozialen Netzwerken gezeigt hatten, unterzeichneten sie ein Manifest und eine öffentliche Petition, in der die Freilassung von Pablo Hasél gefordert wurde.
Die Unterzeichner, darunter Rapper Capicua, die Bildhauer Vihls und Bordalo II sowie die Musiker Sérgio Godinho, Manuel João Vieira, Vitorino und Lena d’Água, sind der Ansicht, dass die Gründe, warum die spanische Justiz Hasél verurteilt hat, „lediglich Instrumente zur Konditionierung der politischen Freiheiten der Bürger sind, die in einem Staat, der sich als demokratisch darstellt, und in einer Europäischen Union, die diese Tat nicht verurteilt, inakzeptabel sind“.

Die in den Texten von Pablo Hasél enthaltenen Anschuldigungen und die Unterdrückung, die der Bevölkerung, die in ganz Spanien solidarisch auf die Straße ging, auferlegt wird, sind der eindeutige Beweis dafür, dass das Recht auf der Seite des katalanischen Rapper liegt. Mehr als 80 Verhaftungen und hundert Verletzte sind bis Anfang März 2021 das Resultat der Repressionen, die den Demonstranten widerfahren sind“, meinten sie weiter.
Die portugiesischen Unterzeichner fordern außerdem, dass „die portugiesische Regierung angesichts der im Spanien auftretenden Menschenrechtsverletzungen eine harte Haltung zur Verteidigung der Freiheit, der Demokratie, der Meinungsfreiheit und zur sofortigen Freilassung von Pablo Hasél einnimmt“.

Dies sind harsche Worte aus dem Nachbarland, in dem Polizeigewalt leider auch kein Fremdwort ist und in dem die Justiz auch nicht richtig funktioniert. Dennoch ist seit der Nelkenrevolution am 25. April 1974 ein Gesetz wie jenes, dass zur Haftstrafe von Pablo Hasel und mindestens 15 weiteren Künstlern führte, undenkbar. Spaniens derzeitige Regierung ist sich dessen wohl auch bewusst, da es eine Änderung in Betracht zieht.

Ohne Proteste hätte die Regierung nichts getan, aber ohne weitern Kampf wird es keine Zugeständnisse geben

Die Verurteilung von Pablo Hasél wenige Tage vor seiner Verhaftung hat das spanische Kulturmilieu mit mehr als 200 Künstlern aufgewühlt, darunter der Filmproduzent Pedro Almodóvar und der Schauspieler Javier Bardem unterzeichneten ein Manifest, das die Freiheit des katalanischen Rappers fordert.
Stunden nach der Veröffentlichung des Manifests kündigte die spanische Regierung an, eine Änderung des Strafgesetzbuchs vorzubereiten, damit dieser Tatbestand nicht länger zu einer Inhaftierung führt. Ohne Bezugnahme auf den Fall des katalanischen Rappers heißt es in der von der spanischen Presse zitierten Notiz, dass „das Ministerium in seinem Vorschlag berücksichtigen wird, dass diese verbalen Exzesse, die im Zusammenhang mit künstlerischen, kulturellen oder intellektuellen Manifestationen begangen werden, außerhalb des Strafgesetzbuches bleiben“.

In den sozialen Medien reagierte der Rapper darauf hin unversöhnlich. Die Regierung ist angesichts zahlreicher Mobilisierungen und Massendemonstrationen nervös. Sie versucht ihr Gesicht zu wahren, indem sie jetzt das Strafgesetzbuch, mit dem sie uns verurteilen abändern wollen. „Ohne die Mobilisierung hätten sie das nicht einmal gesagt, aber ohne weitere Mobilisierung werden sie es nicht erfüllen, da sie so viele andere Versprechen auch nicht erfüllen“, schrieb er. „Diese Aussagen versuchen, die Solidarität zu stoppen.“

Rui Filipe Gutschmidt Autor und Übersetzer
Er ist Musiker und spielte in mehreren Rock / Punk-Rock-Bands E-Gitarre und Bass.

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