Elke Kahr: zuhören, Anliegen ernst nehmen, helfen


Redebeitrag von Robert Krotzer
■ Am 17. November 2021 durfte ich Elke Kahr für die Wahl zur Grazer Bürgermeisterin vorschlagen.
 

„Ich habe schon persönlich mit ihr gesprochen“. „Sie hat unser Anliegen ernst genommen.“ „Sie hat mir wirklich weitergeholfen“. Diese Sätze können wohl über kaum einen anderen Menschen in Graz so viele Bürgerinnen und Bürger sagen, wie über Elke Kahr.

Davon zeugt nicht zuletzt das Wahlergebnis der Gemeinderatswahl am 36. Oktober 2021, bei der die KPÖ überraschend, aber deutlich mit 28,8 Prozent der Stimmen zur stärksten Partei in unserer Stadt gewählt wurde. Davon zeugen aber auch die eindrucksvollen 5.306 Vorzugsstimmen, die Elke Kahr bei dieser Wahl erhalten hat.

Ausgehend vom Votum der Grazer Bevölkerung darf ich heute die Aufgabe übernehmen, für die KPÖ Graz den Wahlvorschlag für Elke Kahr zur Grazer Bürgermeisterin einzubringen und um die Zustimmung der Gemeinderätinnen und Gemeinderäte ersuchen

Wer Elke Kahr ist, muss ich hier wie in der ganzen Stadt kaum jemandem beantworten, haben doch die allermeisten eine Antwort darauf, vielfach eine von persönlichen Begegnungen geprägte. Dennoch darf ich ein paar Stationen ihres bisherigen Lebens und politischen Wirkens skizzieren: Geboren am 2. November 1961 wurde Elke Kahr im Alter von drei Jahren von einer Grazer Arbeiterfamilie adoptiert und wuchs im Umfeld der Triester Siedlung im Grazer Bezirk Gries auf. Nach Abschluss der Handelsschule war Elke in der Kontrollbank beschäftigt, absolvierte daneben die Abend-Handelsakademie und trat als junge Frau der Kommunistischen Partei Österreichs bei. In den Reihen der KPÖ lernte sie Menschen wie Maria Cäsar, Franz Leitner, Willi Gaisch oder Hertha Mandl-Narodoslavsky kennen, die als KommunistInnen gegen zwei faschistische Diktaturen in unserem Land gekämpft haben und unter Lebensgefahr für ein freies, demokratisches und unabhängiges Österreich eingetreten sind.

Am 24. Jänner 1993 wurde Elke Kahr als Grazer Gemeinderätin angelobt. Zusammen mit Ernest Kaltenegger bildete sie die damals kleinste Fraktion im Gemeinderat, bevor sie 1998 Klubobfrau der KPÖ und 2005 Wohnungsstadträtin wurde. Von 2017 weg war sie mit der Zuständigkeit für das Straßenamt und die Verkehrsplanung betraut. Auch diese Aufgabe hat Elke Kahr gemeistert, obwohl manche sie damit scheitern sehen wollten. Mit Fleiß, Engagement und Beharrlichkeit konnte sie vieles auf Schiene bringen – und hat dabei stets ein Herz für die großen und kleinen Anliegen der Grazerinnen und Grazer, in allen Fragen, die die Menschen in unserer Stadt bewegen. Dabei bin immer wieder aufs Neue erstaunt von ihrer Energie und ihrem Tatendrang, damit in unserer Stadt tatsächlich auf keinen Menschen vergessen wird.

Aus diesem Grund bin ich davon überzeugt, dass Elke Kahr auch den kommenden Aufgaben als Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Graz jedenfalls gewachsen ist und wir alle gemeinsam daran arbeiten können, dass Graz eine gute Heimat für alle Menschen unserer Stadt ist. So wird uns Stabilität und Kontinuität gelingen, wo wir sie gerade in diesen Zeiten brauchen. Und zugleich werden Veränderung und neue Akzente möglich, wo sie von den Grazerinnen und Grazern gewünscht werden und in der Wahl zum Ausdruck gebracht wurden.

Die Wahl von Elke Kahr zur Bürgermeisterin markiert immerhin einen deutlichen Umbruch in der Geschichte unserer Stadt: Elke Kahr wird die erste Frau an der Spitze der Stadt Graz stehen, sie wird die erste kommunistische Bürgermeisterin Österreichs sein und mit ihr wird eine Arbeitertochter aus der Grazer Triester Siedlung Bürgermeisterin.

„Was für eine Karriere“, könnten manche sagen, die Elke Kahr nicht kennen – und nicht wissen, dass sie ihre jahrzehntelange Arbeit stets selbstlos und bescheiden als Engagement im Dienst der arbeitenden Menschen und der Benachteiligten verstanden hat. Dass sie sich für nichts Besseres hält, sondern stets das Gespräch auf Augenhöhe sucht – mit der wohnungslos gewordenen Mutter, dem Krankenpfleger, der Elektrikerin, dem Gewerbetreibenden ebenso wie mit der Universitätsprofessorin.

Dass das Ergebnis der Grazer Gemeinderatswahl und die heutige Wahl zur Bürgermeisterin keine Alltäglichkeit darstellt, davon zeugt das große Medienecho – national wie international. Zur lokalen Skurrilität abgewertet, wohlwollend begleitet, mit erhobenem Zeigefinger verteufelt – all das haben wir in den vergangenen Wochen erlebt, wenn es darum ging, den Wahlerfolg der KPÖ in Graz zu erklären.

Dass sich die Grazer Bevölkerung aber nicht etwa „verwählt“ hat, sondern die Mehrheit der Grazerinnen und Grazer mit Zuversicht und Hoffnung hinter dem Wahlergebnis steht, zeigt uns der große Zuspruch, den wir, wie auch unsere Koalitionspartner, nach wie vor erleben dürfen – in Form tausender Zuschriften sowie den wohlwollenden Worten, die wir auf der Straße, an Arbeitsplätzen, beim Einkauf im Supermarkt oder in Gasthäusern erfahren dürfen. Für die Unterstützung bei der Wahl darf ich mich an dieser Stelle bei all unseren Wählerinnen und Wählern ebenso sehr herzlich bedanken, wie auch für den Zuspruch seither von breiten Teilen der Bevölkerung – weit über unsere Wähler:innenschaft hinaus!

Dabei sind wir aber ausreichend basisverbunden und demütig, um zu wissen, dass nicht alle Menschen, die ihre Stimme für die KPÖ abgegeben haben, damit das gesamte Programm der Kommunistischen Partei unterstützt haben – wie das im Übrigen freilich auch für die Wählerinnen und Wähler jeder anderen Partei gilt.

Dennoch drückt sich im Wahlergebnis der Grazer-Wahl ein Wunsch der Bevölkerung danach aus, dass PolitikerInnen nicht zuerst auf sich selbst schauen sollen, sondern die mit einem politischen Amt verbundenen Möglichkeiten in den Dienst der Bevölkerung stellen

In diesem Sinne hat Elke Kahr unmittelbar nach dem Wahlsonntag das Gespräch mit allen in den Gemeinderat gewählten Parteien gesucht, beginnend mit der ÖVP, gefolgt von den Grazer Grünen und der Sozialdemokratie, aber auch mit der Freiheitlichen Partei und den NEOS. Dabei ging es um die Auslotung gemeinsamer Schnittmengen im Sinne einer sozialen, ökologischen und demokratischen Veränderung unserer Stadt, entsprechend des Wahlergebnisses.

Im Zuge der Gespräche kristallisierte sich rasch heraus, dass die inhaltlichen Schnittmengen und der gemeinsame Gestaltungswille zwischen der KPÖ, den Grazer Grünen wie auch der Sozialdemokratischen Partei deutlich gegeben sind – während bei anderen Parteien Vorbehalte überwogen haben oder die klare Ablehnung einer Zusammenarbeit deutlich signalisiert wurden. Aus den Sondierungsgesprächen zwischen KPÖ, Grünen und SPÖ wurden in der Folge Koalitionsgespräche. In über 90 Stunden gemeinsamer Besprechungen über unsere Vorstellungen für ein neues Graz und ein neues Miteinander haben wir viel (voneinander) gelernt, haben viel nachgedacht und sind schließlich zu vielen neuen Ideen für unsere Stadt gekommen, in die freilich auch zahlreiche Gedanken von Bürger:innen und Expert:innen eingeflossen sind.

Für diesen wichtigen Prozess darf ich mich namens der KPÖ bei den Grazer Grünen und namentlich bei Judith Schwentner sowie der Grazer SPÖ und namentlich bei Michael Ehmann ganz herzlich bedanken. Das Ergebnis dieses Prozesses ist die vorliegende Koalitionsvereinbarung:

„Gemeinsam für ein neues Graz: Sozial. Klimafreundlich. Demokratisch.“

Demokratie schließt für uns freilich auch die Einbindung aller im Gemeinderat und in der Stadtregierung vertretenen Parteien ein, unabhängig von weltanschaulichen Differenzen. Diese Haltung drückt sich nicht zuletzt in der Ressortverteilung in der Grazer Stadtregierung aus, die auf Interessen und bisherige Leistungen aller StadtsenatsreferentInnen Rücksicht nimmt – deutlich mehr als das in vergangenen Perioden der Fall war. Demokratie und Transparenz drückt sich aber auch darin aus, dass alle im Gemeinderat vertretenen Parteien nun in möglichst allen Ausschüssen sowie auch Aufsichtsräten vertreten sein werden – auch das ist ein deutlicher Unterschied zu früheren Perioden, in denen gerade wir als KPÖ aufgrund politischer Unliebsamkeit ausgeschlossen wurden.

Diese neue politische Kultur des Miteinanders wollen wir künftig im Grazer Gemeinderat, in der Stadtregierung wie auch mit der städtischen Verwaltung und der Grazer Bevölkerung leben und reichen dazu allen die Hand. Für Anregungen wie auch Kritik werden wir allen Grazerinnen und Grazern gegenüber ein offenes Ohr haben. Aus dem Austausch mit den Menschen wollen wir Anregungen und Ideen für unser Tun gewinnen, die wir schließlich auch umsetzen.

Darin besteht der Zweck umfassender Demokratie, nämlich im Dienst und im Sinne der Mehrheit der Bevölkerung Verbesserungen zu erwirken – aus der Erkenntnis heraus, dass das Wohlergehen des Einzelnen gebunden ist an das Wohlergehen aller Menschen

Eine Frau, die eben das seit Jahrzehnten lebt, ist Elke Kahr – und eben darin liegt wohl der wesentliche Grund, warum ich heute den Vorschlag einbringen darf, sie zur Grazer Bürgermeisterin zu wählen und um Ihre und eure Zustimmung dazu ersuchen darf.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und auf eine gute Zusammenarbeit!

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