Schreibhandwerk mit sozialistischer Ader

© Andreas Pittler

Andreas Pittler ■ Der Autor mit ana roten Tint’n ist ein unermüdliche Bücher- und Romanfabrikant.

„Ohne Kreisky wäre ich heute Tischler”, betitelte am 14. April 2014 die Wochenzeitung „Falter” ein Portrait des Schriftstellers Andreas Pittler. Aus dem Gesellen der schreibenden Zunft wurde ein Meister der Sachbuch- und Krimibranche. Seine verfassten Bücher reichen schon lange für ein gezimmertes Regal.

Der vielseitige Schriftsteller Andreas P. Pittler wurde am 21. November 1964 in Wien-Dornbach geboren. Knapp zwei Wochen später übersiedelte er nach Wien-Margareten, wo er seitdem wohnt, wenn auch mittlerweile an der 5. Adresse.

1971 wagte er einen kurzen Sprung über die Bezirksgrenze hinaus und besuchte auf der Wieden eine Volksschule. Diese Erfahrung konnte er ab 1975 acht Jahre lang im Bundesgymnasium Wien 5 verarbeiten. Nach der Matura zog es ihn in die weite Ferne, und er studierte an der Wiener Universität – gleich dreieinhalb Kilometer von Margareten entfernt – Geschichte und Germanistik, dafür etliche Jahre später mit Magisterium und Doktorat abgefunden werdend.
Pittlers erste Schreibversuche datieren aus den Volksschuljahren, wo er in der 3. Klasse einen Aufsatz verfasste, der seine Lehrerin dazu veranlasste, sich mit seinen Eltern zu unterhalten.

Ein Achtjähriger, der über diverse Folterwerkzeuge im Mittelalter schrieb, schien über eine interessante Persönlichkeit zu verfügen

An der Wiener Universität studierte Andreas Pittler Geschichte, Germanistik und Politikwissenschaft. Das Thema seiner Dissertation lautet: „Geschichte der Sozialistischen Jugend Österreichs unter besonderer Berücksichtigung des gesellschaftlichen Wandels der achtziger Jahre“.

Zunächst hauptsächlich journalistisch und als Sachbuchautor tätig, wandte sich Andreas bald dem Krimischreiben zu. In seinen Krimis um Polizeioffizier David Bronstein verarbeitet er historische Ereignisse aus der Geschichte Österreichs. Pittler veröffentlichte Biographien über Bruno Kreisky, Samuel Beckett und Monty Python. Er schrieb Bücher über die Geschichte von Malta, Zypern und die Tschechische Republik und einen Reiseführer zu Europas Kurbädern. In der Wiener Zeitung hatte er lange Zeit eine wöchentliche Kolumne.

Auf die Frage der Internetzplattform Kriminetz, Alles zu Krimi und Thriller, http://www.kriminetz.de/news/sieben-fragen-andreas-p-pittler über den Beginn seiner beruflichen Laufbahn als hauptsächlich journalistisch tätig, was spannender ist Fakten zu recherchieren und darüber zu schreiben oder der Fantasie freien Lauf zu lassen, antwortet Pittler
„Eigentlich lässt sich die Frage nicht einfach beantworten. Natürlich hat mich schon als Historiker die an sich verpönte Frage “was wäre gewesen, wenn …” fasziniert, gleichzeitig gilt das aber auch für jeden einzelnen Erkenntnisgewinn bei einer Recherche. Mittlerweile denke ich mir, es ist der gelungene Mix, der es ausmacht. Habe ich längere Zeit an einem Roman und/oder einigen Kurzgeschichten geschrieben, dann macht es echt Spaß, zur Abwechslung ein Sachbuch zu machen. So sind in den letzten drei Jahren insgesamt zwölf Bücher von mir erschienen, von denen sechs belletristische Werke und sechs Sachbücher sind.

Für mich selbst könnte ich mir jedenfalls nicht vorstellen, immer nur denselben Acker zu bestellen, wie das manche KollegInnen (durchaus erfolgreich) vorexerzieren. Wobei ich persönlich glaube, dass es genau diese Freiheit – zwischen den unterschiedlichen Genres changieren zu können – ist, die sich positiv auf mein Schreiben auswirkt, weil ich nie etwas schreiben muss, sondern immer gerade etwas schreiben darf (und daher auch kann).

Der Schriftsteller Andreas Pittler ist auch ein politisch denkender und in den 1980er Jahren in den Jugendorganisationen der SPÖ handelnder Aktivist. Quasi als gelernter Historiker weiß er genau, wie in Mitteleuropa in den späten 1920er und frühen 1930er Jahren Demokratie und Freiheit verspielt worden sind.
Die Jahre zwischen 1900 und 1945 sind gespickt mit Tragödien unaussprechlichen Ausmaßes, mit unsäglichem Leid, einzigartigen Verbrechen und unbeschreiblicher Not. Doch all das kam nicht über uns wie eine Naturkatastrophe. Die Fehler, die zum Untergang der Demokratie führten, waren hausgemacht. Diese Tatsache ist Andreas Pittler wichtig, weil die heutige Generation das schon wieder weitgehend vergessen oder verdrängt hat. Wie damals befinden wir uns in einer ernsten Krise, und wie damals wiederholen die verantwortlichen Politiker die Fehler aus der Vergangenheit.

Wenn wir nicht aufpassen, wachen auch wir eines Morgens in einer Diktatur auf und wundern uns dann, wie es dazu kommen konnte

Natürlich werden sich die Ereignisse von damals nicht eins zu eins wiederholen, aber einzelne Beispiele in Ungarn, dem Baltikum oder Bulgarien (und jüngst in Griechenland) und der Krieg in der Ukraine zeigen uns, das solche Dinge immer noch möglich sind. Genau davor will der Schriftsteller und „historische” Literat warnen, und das ist, wenn man so will, der pädagogische Teil der Pittler Romane, die auch genau deshalb contra-chronologisch (Bronstein, eine seiner Krimi-Protagonisten wird von Roman zu Roman jünger) ediert wurden: weil man quasi immer tiefer graben muss, um an die Wurzel eines Problems zu kommen.

Andreas Pittlers politische Standpunkte wurden bereits in seiner Jugend gesetzt. Er ist ein Kind der Wiener Arbeiterklasse. Seine Mutter war Hausmeisterin. Der Schriftsteller freut sich über seine treue Fangemeinde, die im Gemeindebau wohnt. Er ist quasi ein Kreiskyaner und dankbar, dass unter anderem Gratis-Schulbücher, Schülerfreifahrt und ein Studium ohne „Bezahlschranken” zu den sozialdemokratischen Reformen der Bruno Kreisky Ära zählten.

„Ohne SPÖ Reformkurs wäre ich Tischler geworden” schertzt Andreas. Anfang der 1980er Jahre meinte Pittler noch er könnte mit Gleichgesinnern die österreichische Gesellschaft und die Welt weiter verbessern. Doch die Handlungsspielräume für sozialistische Reformen waren spätestens nach 1989 nicht mehr gewollt und waren vergebens.
Ein echter Sozialrevoluzzer gibt nicht auf und hofft auf bessere Zeiten. In der parteiinternen Auseinandersetzung um den SPÖ Vorsitz hat er mit Namenskollegen Andreas Babler seinen Favoriten erkoren:
„Ich bin für Andi Babler, weil er von allem Anfang an Haltung bewiesen hat. Babler tritt, seit ich ihn kenne – und ich kenne ihn lange -, für jene ein, die nicht auf die Butterseite des Lebens gefallen sind. Er macht Politik für die Vielen, nicht für die Wenigen, und dafür verdient er unsere Unterstützung”.
Max Wachter

Andreas P. Pittler ist Schriftsteller und Sachbuchautor.
Seine Werke landen regelmäßig auf den Bestsellerlisten und wurden in acht Sprachen übersetzt.
http://www.andreaspittler.at

 

BUCHTIPP:
Der große Traum von Freiheit

Zu allen Zeiten gab es Menschen, die die Tyrannei einiger über die vielen nicht hinnahmen. Sie stritten gegen die Herrschaft und kämpften gegen das Unrecht. In der Neuzeit kam dafür ein besonderer Begriff auf. Einer, der gegen die Ordnung kämpfte (bellare), war ein Rebell, wobei man unter einem “Rebellen” auch jenen verstand, der einen gerade erst beendeten Krieg als dessen Verlierer sogleich wieder aufnahm (worauf die Vorsilbe “re” hindeutet). Gerade in der Geschichte des Widerstandes gab es weitaus mehr Niederlagen als Siege. Umso beeindruckender scheint der Wille dieser Rebellen, sich ohne Unterlass gegen herrschaftliche Knechtung und Ausbeutung aufzulehnen.

Das Buch stellt 30 Rebellen aus einem Jahrtausend vor, die für ihre Ideale zur Waffe gegriffen haben. Die Palette reicht von den Bauernkriegen des Mittelalters und der frühen Neuzeit über die bürgerlichen Revolutionäre des 18. bzw. 19. Jahrhunderts bis zu Kämpfern gegen den Kapitalismus. Bei der Auswahl der Freiheitskämpfer wurde versucht, den Blick über eurozentrische Geschichtsbilder hinaus schweifen zu lassen. Daher werden KämpferInnen nicht nur aus Europa, sondern auch aus Haiti, Kuba, Mexiko, der Mongolei, Guinea-Bissau, Grenada, Mosambik, Burkina Faso, Angola und Indien vorgestellt.

Darunter sind Wat Tyler, Jan Žižka, Michael Gaismair, Florian Geyer, Thomas Müntzer, Gracchus Babeuf, Théroigne de Mericourt, José Marti, Guiseppe Garibaldi, Constance Markiewicz, Emiliano Zapata, Boris Kidrič, Markos Vafiadis, Amílcar Cabral, Agostinho Neto, Thomas Sankara und Phoolan Devi.

Pittler, Andreas; Verdel, Helena:
Der große Traum von Freiheit.
© 2010 Promedia
ISBN: 978-3-85371-319-8
240 Seiten Preis 19,90 Euro

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