Nie wieder so ein Krieg

„Deutscher Herrenmensch“ inspiziert „slawischen Untermenschen“

Lernen aus der Geschichte  Verantwortung übernehmen für Frieden und Verständigung. Völkerfreundschaft und Entwicklung in Europa sind nur mit Russland und seinen Verbündeten möglich und nicht gegen sie.

Von David Stockinger, veröffentlicht im WERKSTATT-Blatt

Am frühen Morgen des 22. Juni 1941 überschritt die deutsch-faschistische Wehrmacht vertragsbrüchig die Grenzen zur Sowjetunion und überfiel die friedliebenden Völker dieses Landes.

Eine der ersten, die sich Abwehrgefechte mit den faschistischen Eindringlige lieferten waren die Grenztruppen der Brester Festung in der Weißrussischen Sozialistischen Sowjet Republik. Der Widerstand gegen die deutsche Übermacht war verzweifelt, letztendlich konnten die tapferen Verteidiger in ihrem über drei Wochen dauernden Widerstand der Wehrmacht nicht viel entgegensetzen. Während die letzten Verteidiger der Festung noch in ihren Kasematten und Kellern saßen, dem Verdursten nahe, weil die Deutschen die Brunnen vergifteten und Scharfschützen die Wasserholer erschossen, erreichten die deutschen Okkupanten bereits Minsk. An diesen ersten Angriffen war auch die „Linzer Division“, also viele „Ostmärker/Österreicher“ beteiligt. Der deutsche Vormarsch über Smolensk Richtung Moskau und Leningrad ging sehr schnell

Der Krieg Hitler-Deutschlands gegen die Sowjetunion war ein totaler

Dieser Krieg hatte von Beginn an eine andere Qualität als im Westen. Bereits in „Mein Kampf“ bezeichnete Hitler den kommenden Krieg gegen die UdSSR als ideologischen Vernichtungskrieg gegen den „östlichen jüdischen Bolschewismus“ und gegen die „slawischen Untermenschen“. Der „Plan Ost“ spielte in Rosenbergs „Europa-Idee“ der deutschen Imperialisten eine zentrale Rolle. „Europäische Werte“ eines von Deutschland beherrschten Europas sollten in den Osten hineingetragen und der Sozialismus beseitigt werden. Ein Drittel der Bevölkerung soll ausgerottet, ein Drittel als Arbeitssklaven ins Reich verschleppt und ein Drittel als Sklaven für die neuen deutschen Siedler im eroberten „Lebensraum“ gehalten werden.
Wehrmacht und Nazi-Regime gingen ab dem ersten Tag daran, diesen Plan zu verwirklichen. So wurde in der Zeit von 1941 bis 1944 allein ein Drittel der belarussischen Bevölkerung ausgelöscht. Der Krieg gegen die UdSSR war ein imperialistischer zur Eroberung von Boden, Ressourcen und „Menschenmaterial“. Leningrad wurde fast vier Jahre belagert und über eine Million Menschen ließ man verhungern. Die Stadt fiel dennoch nicht. Die deutschen Landser standen bereits einige Kilometer vor Moskau.

Die Sowjetunion mobilisierte alle Kräfte um das Land zu verteidigen

Partisanengruppen wurden in den Wäldern gebildet und das gesamte Volk lehnte sich gegen die Besatzungstruppen auf. Es kam sogar zu einer „Versöhnung“ zwischen der politischen Führung und der orthodoxen Kirche. Vier Jahre lang rangen die Völker der Sowjetunion aus eigener Kraft den Faschismus nicht nur im eigenen Land nieder, sondern leisteten auch den mit Abstand größten Beitrag zur Befreiung Europas von deutsch-faschistischer Fremdherrschaft. Mehr als 27 Millionen Sowjetbürgern kostete der Große Vaterländische Krieg das Leben. Große Landstriche wurden verwüstet. Stalingrad, Brest, Leningrad, Minsk, Sewastopol sind nur einige Städte, die den Titel „Heldenstadt“ verliehen bekamen. Den Menschen in der Sowjetunion war klar, dass sie um nichts weniger als das eigene Überleben kämpfen müssen. Letztendlich war die Zerschlagung des „3. Reiches“ und seiner faschistischen Verbündeten nur dadurch möglich.

Umso dramatischer ist es zu sehen, dass diese großen Opfer und Leistungen im „politischen Westen“ nicht nur nicht gewürdigt werden, sondern die Geschichte sogar einer Revision unterzogen wird. Seit 2019 meint die EU ganz offiziell, dass die Sowjetunion und Hitler-Deutschland gleichermaßen Schuld seien am 2. Weltkrieg. In der Gegenwart unterstützt der „politische Westen“ die geistigen Nachkommen jener, die als Kollaborateure und Quislinge an der Seite der faschistischen Okkupanten kämpften und mitgeholfen haben tausende weißrussische, ukrainische und russische Dörfer mitsamt deren Einwohnern zu verbrennen. Jene geistigen Nachfolger, die u.a. Gewerkschafter und Anti-Maidan-Aktivisten am „1. Mai” 2014 im Gewerkschaftshaus in Odessa bei lebendigem Leibe verbrannten. Das interessiert im „politischen Westen“ niemanden. Böse Nazis sind nur jene, die sich bei irgendwelchen dubiosen Anti-Corona-Demos in Berlin und Wien wichtig machen. Ja, sind sie. Aber jene z.B., die seit Jahren in der Ukraine wüten, haben wirklich Blut an den Händen. Aber das sind ja „unsere Nazis“. Und die sind ja irgendwie mit den geopolitischen Zielen des „Wertewestens“ vereinbar. Es stört auch niemanden, dass der Revisionismus bzw. Alt- und Neofaschismus in den baltischen Ländern fröhliche Urstände feiert und Waffen-SS-Angehörige wie Volkshelden gefeiert werden. Diese Länder sind ja Teil des kapitalistischen „EUropa“.

Es gibt im Westen und in der EU wieder eine anti-russische Agenda

Die geopolitischen Überlegungen der NATO werden inzwischen auf viele Lebensbereiche übergestülpt. Unabhängig der Parteifarbe schreien westliche Politiker nach immer neuen Sanktionen gegen Russland und dessen Verbündete. Das Säbelrasseln der NATO direkt an der russischen und belarussischen Grenze ist zu einem Dauerzustand geworden. Jeder, der nur wagt, sich gegen diese neue Konfrontation zu stellen und für Frieden & Kooperation mit Russland und seinen Verbündeten eintritt, läuft Gefahr, von den systemerhaltenden Mainstream-Medien und der mit ihnen verbündeten Twitteria als „russischer Agent“ einem Shitstorm unterzogen zu werden. Ja selbst in der Erinnerungspolitik und -arbeit werden die 27 Millionen Tote der Sowjetunion nicht nur nicht gewürdigt, sondern einfach beiseite gelassen. Fast täglich findet die westliche Forschung neue Opfergruppen, aber eine der wesentlich größten Opfergruppen, die Kriegsgefangenen der Roten Armee und sowjetischen Zwangsarbeiter, nimmt dagegen sehr wenig Raum ein.

Auf der anderen Seite wird zunehmend die Erinnerungskultur in den Ländern der ehemaligen UdSSR von westlichen Meinungsmachern kritisiert, deren antifaschistisches Erbe infrage gestellt- was für eine Chuzpe! Die EU und die NATO haben keinerlei begründetes Recht, sich moralisch über andere Länder zu stellen. Auch nicht in der Frage der von ihnen so oft vorgeschobenen „Menschenrechte“. Und in der Frage des Völkerrechts schon gar nicht.

Meine beiden Großväter waren im Krieg. Einer ist schon gestorben, der war ab 1942 als Unteroffizier in der Sowjetunion im Fronteinsatz. Der zweite Opa lebt noch, er war in Jugoslawien im Fronteinsatz. Beide haben beziehungsweise hatten unterschiedliche subjektive Zugänge zu Wesen und Wirken der Wehrmacht und ihrer eigenen Rolle darin. Aber, beide sagten immer wieder zu mir: Nie wieder so ein Krieg!

Ich nehme ich die Warnung meiner Großväter von einem Krieg sehr ernst

Es war für mich als Sozialist und Antiimperialist immer ein wesentlicher Grundbaustein meiner politischen Persönlichkeit und Überzeugung: Auftreten gegen Krieg, Imperialismus und einseitige Einmischung. Auch wenn dies heute nicht gerade opportun ist und man sich damit einem Shitstorm durch den Mainstream aussetzt, wie mir das auch am eigenen Leibe passiert ist. Es muss sein, ich werde auch weiterhin sagen was ist. Gerade im Jahr 2021 anlässlich 80 Jahre Überfall auf die Sowjetunion und der täglich schärfer werdenden Konfrontation zwischen dem „politischen Westen“ und etlichen Ländern der ehemaligen Sowjetunion, betone ich mehr denn je:

Wir haben eine große geschichtliche Verantwortung gegenüber diesen Ländern – deren Völker haben uns vom deutschen Faschismus befreit und im Fall Österreichs uns auch den Staatsvertrag und die Neutralität gebracht! Schluss mit der Politik der Drohungen, Belehrungen, Sanktionen und Aufrüstung! Unabhängig davon, ob man nun alle politischen Entwicklungen oder Zustände in diesen Ländern teilt oder nicht, wir brauchen Frieden, Zusammenarbeit und Respekt gegenüber diesen Ländern! Frieden, Völkerfreundschaft und Entwicklung in Europa sind nur mit Russland und seinen Verbündeten möglich und nicht gegen sie.

Der Autor David Stockinger, ist Aktivist der österreichische Friedensbewegung. Er veröffentlicht im WERKSTATT-Blatt (vorm. guernica), das ist eine Publikation der Solidarwerkstatt Österreich.

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