Mehr Staat weniger Privat ■ Zur Bekämpfung der Krise wird es einen gesamtgesellschaftlichen Kraftakt brauchen und ein Umdenken in Politik und Wirtschaft.
Ein Kommentar von Joachim Kovacs
Damit durch Post-Corona die Weltwirtschaft gesunden kann, muss man globale Ökonomie zuerst neu denken. Denn gesund war sie lange davor schon nicht. Corona hat lediglich dazu geführt, dass die Schwächen des Systems eiskalt aufgezeigt wurden.
Die kapitalistische Ökonomie regelt alles für ein paar Wenige. Aber für die Masse regelt sie, wenn es darauf ankommt, so gut wie gar nix. Es wird wieder mehr Staat und weniger privat brauchen. Bereiche wie Gesundheit, Grundversorgung und soziale Netze dürfen nicht privatisiert und auf dem Kapitelmarkt geplündert, ausgehungert und reinem Gewinndenken ausgesetzt werden.
Was hilft es, wenn in zehn guten Jahren stets Spitalsbetten und Personal abgebaut werden, Gewinne wachsen, wenn dann beides in Krisen fehlt und so Menschenleben auf dem Spiel stehen. Wir sind da in den letzten Jahren einen kranken Weg gegangen, einen Weg auf den der Blick immer nur auf die nächsten Aktienausschüttungstermine fokussiert war, ein Weg der den nachhaltigen Nutzen für die Allgemeinheit dem Gewinnstreben einiger Weniger geopfert hat.
Deshalb müssen wir nach der Krise Betriebe wieder an ihrer Produktivität messen und nicht daran, wer kurzfristig an den Börsen das glücklichste Händchen beim Spekulieren hat. Es braucht eine glasklare Bindung sämtlicher Förderungen an eine ökologische Umrüstung und an den Ausstieg aus fossilen Energieträgern. Wir müssen das Datum des kompletten Ausstiegs vom “Jahre Schnee” ordentlich nach vorne verlegen. Nach dieser Krise kann niemand mehr behaupten “es geht nicht”, denn wir alle haben gesehen was alles möglich ist, wenn man nur will.
Dazu wird es eine einmalige Solidaritätsabgabe der Superreichen von 10 Prozent ihres Vermögens bedürfen. Sie sind danach immer noch unverschämt reich, nur tun wir anderen uns dann auch leichter.
Eine Millionärssteuer von 30 Prozent sollte dann für wiederkehrende Einnahmen sorgen und diese sollte für Bildung & Forschung zweckgewidmet werden. Damit wären dann wohl auch die Eliten zufrieden, die ja immer meinten der Wirtschaftsliberalismus führt uns am Ende zu Gleichheit und Chancengerechtigkeit. Die Erbschaftssteuer, wie sie von Vizekanzler Werner Kogler ins Spiel gebracht wurde und auch von der SPÖ gefordert wird. Das kann ein weiterer Baustein einer gerechteren Verteilungspolitik sein. Als Einzelmaßnahme ist sie zu wenig.
Was unbedingt kommen muss ist eine Angleichung der Gehälter. Es braucht eine gesetzlich vorgeschriebene Obergrenze von Managergehältern. Jede grosse Firma und jeder Konzern, die um staatliche Förderung ansuchen, sollten an einen Deckel für ManagerInnengehälter gebunden sein. Ich könnte mir für gerechte Entlohnung in Zeiten der Krise 100.000 Euro im Jahr vorstellen und auch für die Zeit danach sollte die Summe von 200.000 Euro genügen. Wer soviel jährlich verdient ist reich. Reicher muss man nicht sein. Wo bleibt da die Relation zu arbeitenden Menschen, die Montag bis Freitag oft um 4 Uhr in der Früh aufstehen, zwölf Stunden hackeln und am Ende des Monats zu wenig Einkommen zum Auskommen haben.
Mit der Forderung eines Grundeinkommens sollte auch ein gesetzlicher Mindestlohn, der dazu in Relation stehen muss und 1.800 Euro netto nicht unterschreiten darf, verbunden sein. Es ist schön beispielsweise den SupermarktkassiererInnen, den LKW-Fahrern, den Reinigungskräften und allen, die den Laden am Laufen halten zu applaudieren. Aber was haben sie von einer sagen wir Einmalzahlung im Bereich einer Tafel Schokolade bis hin zu 1.500 Euro, wenn die Manager danach wieder Millionen verdienen und der Rest nach wie vor ums Überleben kämpfen muss?
Und hört mir auf mit “wer schafft die Arbeit?” Wir alle schaffen die Arbeit. Denn, wenn wir alle mehr verdienen, können wir auch mehr ausgeben und dann steigt die oben mehrfach erwähnte Produktivität. Ein Gewinn für alle, die an einem gesunden wirtschaftlichen System interessiert sind. Ein Verlust für die Wenigen, die ihr Geld in ausländischen Banken, Offshore Firmen und an Börsen bunkern. Aber es muss mal Schluss sein, dass einige Wenige leben wie einst die Habsburger und Karolinger und wir anderen die Sklaven spielen sollen. Blickt nur auf das kranke System der “Erntehelfer”. Ich nenne es Sklaverei. Es ist zum Schämen wie da agiert wird.
Joachim Kovacs, der Burgenländer aus Rechnitz war von 2015 bis 2018 Landessprecher der Grünen in Wien.
Lesermail:
Da hat er schon recht, der Joachim Kovacs!
„Die Botschaft hör` ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“!
Allerdings, all diese Forderungen erheben wir „alten Knacker“ schon unser ganzes Leben. Und davor haben das unsere Eltern, und deren Eltern, auch schon „ein ganzes Leben lang getan“. Und was haben wir bisher erreicht, naja, die Krümel (Brösel) dürfen wir auflesen, der größte Teil des Kuchen, bleibt anderswo hängen. Man möge nur die Statistiken über die Vermögensentwicklungen betrachten, weltweit. Von Verbesserung sehe ich da nichts, außer das (körperliche) Leibeigenschaft größtenteils abgeschafft ist und durch (finanzielle) Leibeigenschaft ersetzt wurde. Im Gegenteil, die Schere geht immer weiter auf. Es wird wohl eine ganz andere Strategie brauchen, um das zu erreichen, was wir unter „gerechter Welt“ verstehen.
Wilhelm Hirtenfelder, Wien, Ottakring