Nix verändert sich von söwa

© Karl Berger

Kurz ist weg ■ Die letzten Tage über hatte ich den eigentlichen Vorteil, dass ich kaum Zeit hatte, den Bauchfleck vom Fünf-Meter-Turm der „neuen” ÖVP zu kommentieren.

Von Martin Just

Ich hab gehackelt und beobachtet. Die gute Nachricht: Kurz ist weg. Die schlechte Nachricht: Es hat sich nix geändert!

Die herbeigeschriebene „Rückkehr zur alten ÖVP“ findet praktisch nicht statt, und was an dieser alten ÖVP so toll gewesen sein soll, erschließt sich mir auch nicht. Freilich, ein Karl Nehammer hat den schwarztürkisen Apparat keinesfalls im Würgegriff wie ein Kurz, das spielt aber eigentlich keine Rolle. Der Apparat hält sich seit 35 Jahren durchgehend in der Bundesregierung, und der Apparat beherrscht die österreichische Kommunalpolitik und Verwaltung in einem Ausmaß, der selbst bei einem Ausscheiden der ÖVP aus der Bundesregierung eine operative Macht darstellt, die sich nicht über Nacht auflösen lässt.

Sophie Karmasin ist längst politische Geschichte, sie war die erste, die die „Indexierung der Familienbeihilfe“ auf das „Niveau der Länder in denen sie Leben“ herbeigefordert hat. Umgesetzt wurde das in der schwarzblauen Regierung Kurz/Strache, und obwohl die Menschen in Österreich arbeiten und anteilsmäßig gleichwertig in den Familien Lasten Ausgleichsfonds FLAF einzahlen, bekommen sie, aufgrund eines fragwürdigen Index, weniger. Tatsache ist, dass diese Schweinerei bis heute nicht aufgehoben wurde, obwohl zB die Grünen mit in der Regierung sitzen, Strache Bettelbriefe schreibt und Kurz…

Ah! Es hat ja „Klick“ gemacht, als er seinen Buben gesehen hat. Kurz bzw. die Kindesmutter bekommen übrigens die Familienbeihilfe voll und nicht indexiert ausbezahlt.

Die ÖVP unter Kanzler Karl Nehammer wird diese „Indexierung“ freilich nicht aufheben. Warum? Weil sich nix geändert hat. Im Übrigen hat Nehammer bereits in den Kabinetten des Kurz bewiesen, dass er auch ein Nichtskönner ist. Diese „Indexierung“ wird vom EuGH aufgehoben werden, und die Menschen und Kinder, die es betrifft, werden das ihnen gestohlene Geld erhalten. Aber die meisten anderen Gesetzte, nicht weniger schwindelig und ungerecht, werden bleiben. Die österreichische parlamentarische Opposition, ist nach wie vor derartig schwach aufgestellt, dass die eigentliche Oppositionsarbeit der Justiz überlassen wurde. Sei es nun EuGH, sei es WKStA. (Die Oppositionsarbeit der Virenfreunde lasse ich rechts liegen)

Solange die Politik zugunsten der Justiz auf ihre ureigenste Arbeit verzichtet, wird diese ÖVP weiter schalten und walten können, fast wie es ihr beliebt. Eine journalistische und mediale Selbstreflexion und ihrem Beitrag zur herbeigeschwindelten Herrschaft des Sebastian Kurz ist in Österreich ohnehin noch nicht einmal am Horizont zu erkennen.

Ex-Kanzler Kurz mag Geschichte sein. Aber eine bereits Jahrzehnte vor ihm nach Rechts entrückte Gesellschaft wird dadurch nicht wieder humanistisch. Die Grünen sind im Ganzen und Großen irrelevant, und auch die Sozialdemokratie ist kaum vom rechten Weg abzubringen. Die Arbeit und der Kampf zur Wiederherstellung einer solidarischen und lebenswerten Gesellschaft beginnt oder begann in ganz anderen Teilen ebendieser. Und beschränkt sich freilich nicht auf Österreich. Das ist ein internationaler, globaler Kampf um Menschenwürde, Freiheit, Gerechtigkeit und Solidariät.

Also genau das, was unter anderem die ÖVP seit Jahrzehnten untergräbt. An anderen Orten heißen eben die Untergräber anders.

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