Portugal Wahl, das Land ist rosa

G Correio de Manha

Portugiesische Verhältnisse ■ Absolute Mandatsmehrheit mit 41,7 Prozent Wählerstimmen für die Partido Socialista PS. In der Wählergunst gab es eine Stimm-Verschiebung von Links nach Rechts.

Von Martin Wachter, Bericht aus Portugal

Bei den zwei linken Parteien, CDU – ein Wahlbündnis aus Kommunisten und Ökologisch Grünen – und  BE Bloca de Esquerda gab es enorme Mandats- und Stimmeneinbußen. Von den 31 Mandaten der Wahl im Jahr 2019 blieben nur elf übrig.

Der alte und neue Regierungschef Antonio Costa erklärte am Wahlabend die Lage seiner Partei: Die absolute Mehrheit an Mandaten ist nicht gleich der absolute Machtanspruch. Das Pendel des WählerInnenwillens hat sich in Richtung Rechts gedreht. Der Wahlsieger Antonio Costa kündigte eine ausgewogene Regierungsarbeit an.

Wahltaktik der Sozialisten wurde mit Erfolg gekrönt

Ministerpräsident Antonio Costa und die Sozialisten Lousitaniens haben bei der Wahl am 30. Jänner mit 41,7 Prozent der Stimmen deutlich dazu gewonnen und (bei noch nicht zugeordneten vier Mandaten) bereits 117 Sitze im 230 Abgeordneten zählenden portugiesischen Parlament erreicht. Die Regierungspartei konnte wegen der gestiegenen Wahlbeteiligung ihr Stimmenpotential am bestens mobilisieren und gewinnen

Antonio Costa ist ein guter Taktiker. Nach den wichtigen Wahlen in den 308 Bezirken Portugals (es gibt keine Bundesländer) am 26. September 2021 hat er den Schwung des viel besseren Abschneidens der PS genützt. Das einigermaßen gelungene Management in der Corona Pandemie kam seiner Partei zu Gute.

An den zwei Wahltagen waren 400.000 Menschen Covid 19 erkrankt. Viele Personen befanden sich wegen Kontakten zu Erkrankten in Quarantäne. Die allgemeinen Erwartungen gingen von einem Rückgang der Wahlbeteiligung aus. Es wurden Rahmenbedingungen für eine Wahlmöglichkeit  für Covid 19 Erkrankte und Kontaktpersonen in Quarantäne geschaffen. Am Wahlsonntag durften die Betroffenen von 18 Uhr bis 19 Uhr zu den Urnen gehen oder von HelferInnen ins Wahllokal und wieder zurück gebracht werden. Diese Maßnahme erforderte eine großangelegte Mobilisierung. Die Wahlbeteiligung stieg um 9,4 Prozent auf 58 Prozent. 2019 nahmen nur 49 Prozent an der Wahl teil. Der PS kam dieser Umstand sicher zugute.

Große Verluste für die linken Parteien BE und CDU

„Schwerste Niederlage aller Zeiten”, titelt die portugiesische „Kronen Zeitung” der „Correio da Manha” (Morgen Post) auf einer ganzen Seite im Innenpolitik Teil. Das Wahlbündnis CDU (Coligação Democrática Unitária) bestehend aus der Portugiesischen Kommunistischen Partei PCP und den Ökologisch Grünen (Partido Ecologista Os Verdes) PEV kann nur auf sechs Mandate mit 4,4 Prozent bei 236.635 Stimmen verweisen. Anfang der 2000er Jahre waren es noch dreimal soviel. Das reichte für für drei Abgeordnete im EU Parlament.  In der Höchst-Phase gab es 17 Abgeordnete im nationalen Parlament. Aus den 17 wurden 12 und jetzt: noch 6 Sitze. Bei den Kommunalwahlen in den den 308 Bezirken gab es 2013 noch 34 mit kommunistischer Mehrheiten. 2017 waren es 24, und seit der letzten Wahl am 26. September 2021 sind es 19 CDU PräsidentInnen in den Camara Municipales, den Bezirksratshäusern. Deshalb ist es nicht mehr notwendig die Niederlagen der Kommunistischen Partei wie in der Vergangenheit groß auf den Titelseiten zu platzieren.

Es ist anzumerken, dass durch die Pandemie-Maßnahmen bedingt für die zwei linken Parteien ein normaler Wahlkampf nicht möglich war. CDU, BE und die linken GewerkschafterInnen schöpfen aus den Massenprotesten auf der Straße, durch Streiks und Aktionen im Kampf für soziale Gerechtigkeit ihr politisches Kapital. Das war bei den letzten zwei wichtigen Abstimmungen nur sehr eingeschränkt möglich. In den letzen sechs Regierungs Jahren haben die zwei „Dulder” Parteien mit Druck und Protesten auf der Straße der PS wichtige Verbesserungen für viele Menschen in Portugal abgerungen: die 35-Stunden-Woche für die öffentlich Bediensteten, Gratis-Schulbücher für die ersten zwei Schuljahre,  bessere Arbeitsbedingungen im Gesundheits- und Bildungsbereich und und und.

Die Zukunft wird weisen, was die jetzt allein regierenden Sozialdemokraten aus ihrer Regierungsverantwortung machen werden.

Der Bloco de Esquerda BE wird sich nach der Wahlschlappe anders ausrichten müssen. Der Verlust von 14 der 19 Mandate wird eine neue Strategie erfordern. Mit fünf von 230 Abgeordneten ist ein wirkungsvoller politischer Einsatz schwer möglich, noch dazu, wenn eine Partei, die PS alleine regieren kann. Der schwungvolle Wahlkampf von Catarina Martins, der charismatischen Chefin des BE, war ohne Erfolg. Aus 9,5 Prozent und 500.017 Stimmen im Jahr 2019 wurden 4,46 Prozent und 240.265 Stimmen.

Neue Herausforderungen für Kommunisten 

Nach einer Analyse der Wahlschlappe ist die PCP zum Teil mitverantwortlich für den Absturz beim Wahlvolk. Das jahrelang unentschlossene Handeln der Parteiführung bezüglich eines Generationenwechsels in der Parteispitze rächt sich. PCP Chef Jeronimo de Sousa ist inzwischen 74 Jahre alt. Fast er allein erledigt jahraus, jahrein an sechs Tagen in die Woche mit wenig Urlaub alle Parteiveranstaltungen und dann noch Auftritte in Funk und Fernsehen. In den ersten zehn Jänner Tagen des Jahres waren es sicher 20 an der Zahl und das quer durch das Land. Am 10. Jänner auf den Azoren war es dann doch zuviel des Guten. Zwei Tage später mußte er sich einer Bypass Operation an der Schlagader unterziehen. Die letzte Woche vor der Wahl war der KP-Chef wieder voll im Einsatz.

Durch die Halbierung der Mandatszahl von zwölf auf sechs ist der 42jährige PCP-Fraktionsführer Joao Oliveira nicht mehr im Parlament vertreten. Joao Oliveira hat in der krankheitsbedingten Wahlkampfpause Jeronimo de Sousa vertreten und seine Sache sehr gut gemacht. Die Ökologisch Grünen, Kooperationspartner der PCP in der CDU, haben ihre zwei Parlamentssitze eingebüsst. Mit dem parlamentarischen ausscheiden der PEV wird das Zusammenwirken in der CDU sicher nicht einfacher werden.

Die rechten Parteien liegen auf der Lauer

Die rechten Parteien feiern ihren „Wahlerfolg” nach den Motto: endlich ist das kommunistische Regime CDU so gut wie weg. Den Costa Sozialismus der PS werden wir das nächste mal ein für allemal davon jagen. Die Sozialdemokratische PSD Rechtskonservative mit Herbert Kickl und Karl Nehammerischem Politikverständnis  haben mit 27,8 Prozent und 71 Mandaten eher bescheiden abgeschnitten. Rui Rio musste vor der Wahl seine Widersacher mit Flügel- und Grabenkämpfen beseitigen. Am Abend des Wahltags hat er seinen Rückzug angeboten. Aber das heißt in Portugal nicht viel.

Die Rechtsaußen-Partei CHEGA (es reicht) kam mit 7,1 Prozent der Stimmen auf Platz Drei und konnte sich von einem auf jetzt zwölf Parlamentssitze steigern. Das veranlasste Parteichef André Ventura zu der Ankündigung, er habe nun “elf Gleichgesinnte um sich, um António Costa überallhin zu verfolgen” – die Diktion erinnert nicht nur zufällig an des Bundesdeutschen AfD-Gaulands Wort aus dem Jahr 2017, seine Partei werde die Regierung “jagen”. Das Wahlplakat war ein AfD Verschnitt mit Venturas Konterfei und den Worten: Bringen wir das System zum Schwanken. Der Rechtsradikale CHEGA-Führer Andre Ventura hat seinen Parteivorsitz mehrere male hingeschmissen, wenn ihm wer auf die Zehen gestiegen ist. Ab 2019 hat Ventura als ein-Mann-Aktivist in der Assembleia de Republica in Lisboa  Unruhe gestiftet oder ist den Parlamentstagungen fern geblieben.

Die 2017 gegründete IL Initiative Liberal gewann mit 4,98 acht Sitze. Ihre Ausrichtung ist ähnlich den NEOS in Österreich. Streng Neoliberal und Turbokapitalistisch. Die im wahrsten Sinne des Wortes Junge Partei ist eine engagierte Playerin in der portugiesischen Politik. Die drei rechten Parteien wittern bereits Morgenluft.

Die PortugiesInnen haben rosa gewählt. Ob die Zukunft im Land rosig ist werden Antonio Costas Sozialisten erst beweisen müssen. Wieder ist die Redewendung VAMOS VER – „wir werden sehen“ ein geflügeltes Wort in der Politik Portugals.

Portugal Wahl – Trilogie
Vor der Wahl: Die Medien machen Politik
Der Tag der Wahl: Portugal Wahl, das Land ist rosa
Nach der Wahl: Neuer Aufbruch und alte Lasten

© RTP PT

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