Die 100 ärmsten Österreicher

Aermste
trend-Ranking 2012 ■ Die ärmsten unter den Armen, Superarme lassen auch Wirtschafts-, Finanz- oder Eurokrisen ziemlich kalt. Sie werden fast automatisch von Jahr zu Jahr
noch ärmer. Auch in Österreich, wie sich im traditionellen trend-Ranking zeigt.

Dieser spezielle Bericht der UHUDLA-Sozialwissenschaftsabteilung wurde in der Ausgabe 98/2013 veröffentlicht

Wie jedes Jahr untersucht Österreichs führendes Wirtschaftsmagazin trendUHUDLA auch heuer wieder Österreichs Soziallandschaft und nimmt dabei die Ärmsten von Österreichs Armen genauer unter die Lupe. Unter den Top Ten gab es gegenüber dem Vorjahr wenig Veränderung. Angeführt wird die Liste weiterhin von Lukas „Lucky“ Obkirchner.


Der heute 57 konnte seinen Schuldenstand gegenüber dem Vorjahr sogar noch ausbauen. Seit vier Jahren lebt der gelernte Elektroingenieur auf der Straße, drei bis vier Mal die Woche schläft er in der Gruft. Nachdem er im letzten Jahr spielsüchtig wurde, erhöhte sich sein Minus-Vermögen noch einmal um 76.000 Euro. Mit den bis dahin angehäuften Schulden hält er damit bei insgesamt 2.378.000 Euro minus.
Vor zehn Jahren hatte alles noch ganz anders ausgesehen für den gebürtigen Mödlinger. Der Elektromonteur hatte den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt, die Arbeit als Angestellter war ihm nicht herausfordernd genug. Die ersten Jahre liefen gut. Mit einem Mitarbeiter hatte er angefangen, drei Jahre später waren es schon fünf. Nachdem er einen weiteren Kredit von der Bank bekommen hatte, um die Firma auszubauen, erkrankte seine Frau an einem seltenen Autoimmundefekt.

Für die Spezialbehandlung in einer Klinik in Ontario musste Lucky einen Spezialkredit aufnehmen

Doch die Behandlung brachte nichts, seine Frau starb. Der Vater von drei Kindern begann zu trinken. Als sein Sohn im Jahr drauf rauschgiftsüchtig wurde, finanzierte der Vater Rehabilitationsprogramme zusätzlich zu den staatlichen Angeboten, die er nicht für zielführend hielt. Als Obkrichers Firma schließlich pleiteging, saß er auf einem Schuldenberg von 2 Millionen. Nachdem seine Kinder ausgezogen waren, lebte er noch drei Jahre in einer kleinen Wohnung.
Obkirchner, der eigenen Angaben zufolge noch nie wirklich mit Geld umgehen konnte, versoff auch den Mindestbetrag, den ihm per Gericht zum Leben zugeteilt wurde und stand auf der Straße. Drei Jahre ist das jetzt her. Vor einem Jahr wurde er spielsüchtig. Mit kleinen Beträgen, die er sich schnorrte oder auf der Straße erbettelte, suchte er im kleinen Glückspiel mit Fortuna eine Verbündete. Doch die ließ ihn, wie schon so oft, auch diesmal im Stich.
Auf Platz zwei gibt es heuer, so trend, mit einer Schuldenerbin eine Neueinsteigerin. Die alleinerziehende Gabriele Schöberl hatte in ihrem Leben schon Schwierigkeiten genug: Beziehungen, Elternhaus, Jobs, nichts hat in ihrem Leben bisher wirklich funktioniert. Die Beziehung zu ihrem Vater, der hoch spekulative Bankgeschäfte unternommen hat, war schon seit Jahren zerrüttet, seit Jahren hatten sie keinen Kontakt.
Dass ihr Vater einen immensen Schuldenberg angehäuft hatte, wusste die 32jährige erst, als es zu spät war. Dass sie Alleinerbin war, auch. Irrigerweise war Schöberl der Ansicht, dass sie den Erbantritt ausdrücklich erklären müsse. Das Gegenteil ist aber der Fall. Hinterbliebene, die nichts Gegenteiliges erklären, nehmen automatisch die Erbschaft an. Von den 1100 netto, die Schöberl an der Billa-Kassa verdient, wird sie bis an ihr Lebensende 700 zur Schuldentilgung abzweigen müssen.
Von Schöberl auf Platz drei verdrängt wurde Friedrich „Willi“ Wanko. Der 62jährige sitzt seit 16 Jahren in Stein und außerdem auf über einer Million Schulden. Warum ist allseits bekannt: Seit Jugendjahren kein Unbekannter im Milieu.

Wanko plante 1992 mit einem Komplizen den großen Coup, einen Überfall auf einen Geldtransport

13 Millionen Schilling wurden damals erbeutet. Innerhalb von zwei Jahren war das Geld verprasst: Autos, teure Kleider, Drogen, Huren. Als das Geld futsch war, klopfte zur Belohnung die Polizei an die Tür. Sein Komplize wurde nie gefasst. Heute sitzt er in Stein. Von den 300 Euro, die er monatlich in der Gefängnistischlerei verdient, geht die Hälfte an die Bank, die Wanko einst bestohlen hat.
Neu im Ranking ist auch Rene Eisenstatt. Mit nur 30 ist er der Jüngste unter den Top Ten. Er hat sein Minusvermögen allein beim Glückspiel angehäuft, und das in nur drei Jahren. Immer wieder gelang es dem Wiener, seine Sucht vor Freunden zu verbergen und zu frischem Geld zu kommen. Vor einem Monat dann ein Selbstmordversuch, der jedoch scheiterte. Seitdem ist Eisenstatt in psychiatrischer Behandlung. Mit 676.000 Euro steht er in der Kreide, im aktuellen trend-Ranking ist das Platz 8.
International haben Österreichs Ärmste wie auch schon in den Jahren zuvor wenig zu bestellen. Unter den Ärmsten 100 der Welt findet sich nach wie vor kein Österreicher. Unter die top 300 haben es nur zwei heimische Superarme geschafft.
Seit drei Jahren an der Spitze und damit ärmster Mensch der Welt ist laut Phorbes-Magazine die Somalierin Hawa Aden Muhammad. Die 48jährige Analphabetin lebt seit drei Jahren mit ihren 6 Kindern in einem kenianischen Flüchtlingscamp, in das sie aufgrund der anhaltenden Dürre und des kriegsähnlichen Zustandes in Mogadischu fliehen musste.
Zwar lasse sich die Summe ihrer Schulden mit denen heimischer Schuldner nicht vergleichen, erklärt trend, ins Ranking würden aber auch andere Faktoren einfließen, wie etwa Bildung, wirtschaftliche Chancen, gesundheitliche Situation, Lebenserwartung usw.
Die somalische Witwe musste nicht nur ihre kleine Schneiderei zurücklassen sondern auch einen Mikrokredit, den sie nicht zurückzahlen kann. Zwei ihrer Kinder sind blind, drei unterernährt. Der Zugang zu Trinkwasser im Flüchtlingslager, in dem 300.000 Menschen hausen, ist stark kontingentiert. Aufsehenerregend ist auch die Geschichte des Australiers Larry G. Finkelstein.
Der einstige Selfmade-Millionär und Besitzer von zwei Jachten, Immobilien und Firmen in aller Welt, hat sein ganzes Vermögen verloren und arbeitet heute als Tellerwäscher in einer Pizzeria in Sydney. Im Phorbes-Ranking ist das Platz 7.
Muhammed Ali

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