Gastro- & Kultur-Treffpunkt

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7Stern: Kult(ur)-Café  à la Carte. ■ Wir treffen einander in „seinem“ Wohnzimmer im Café 7Stern in Wien Neubau am Siebensternplatz. Ruhig und besonnen wirkt Günther Hopfgartner (Foto © Lohmeyer), der nunmehr seit zwei Jahren die Geschicke, das Regiment, im Kult-Beisl 7Stern führt.

Von Walter Lohmeyer, erschienen in der UHUDLA Ausgabe 104/2016

Komme als Fremder ins Gastro-Wohnzimmer und gehe als Freund heim

Er beginnt zu erzählen:
„Meine ersten Sporen in punkto Gastronomie hab‘ ich mir im „Badeschiff“ am Wiener Donaukanal verdient. Aber es schwebte mir eigentlich immer ein Betrieb, ein Lokal, ein Treffpunkt vor, wo sowohl Gastro als auch Kultur einander die Hand reichen, wo jede(r), zumindest für kurze Zeit, dieses, wie soll ich es ausdrücken?“ „hier-bin-ich-zu-Hause-Feeling“, werfe ich ein“.
„Genau! – das Wohnzimmer, das Beisl nebenan, wieder (er)-lebt. Das heißt: Wir zeigen und leben Akzeptanz vor, bei uns ist jeder willkommen: Nach dem Motto: Komme als Fremder, gehe als Freund; natürlich unter Einhaltung der gesellschaftlichen Normen. Denn der momentane Trend, dassalles nur noch schneller und schriller, lauter und nichtssagender wird, die Menschen zwar überall dabei sein wollen, in Wirklichkeit aber nie irgendwo ankommen. Menschen die sich nicht die Zeit nehmen über Erlebtes nachzudenken, weil die nächste Sensation schon wartet; ich glaub das kann es nicht sein. Ich spüre schon Veränderung, es tun sich Brüche auf – und das ist gut so.“
Im lukullischen Bereich liegen wir sicherlich im Trend. Frühstück von 9 Uhr bis16 Uhr. Unsere Speisen, ob vegetarisch, vegan, oder deftig heftig, sind allesamt freshmade. Wir führen derzeit 26 verschiedene Craft-Biersorten. Wenn alles so läuft wie ich es mir vorstelle, gibt’s bald „Bier nach Maß“. „Du meinst ein Maß Bier à la Oktoberfest, ehrlich gesagt, nix Neues“. „Nein, nein Bier nach Maß“, lacht Günther und erklärt: „Die Idee hab‘ ich aus Schweden. Dort ist das ein alter Hut. Zu den verschiedensten Broten (vegetarisch,  mit Fleisch, Wurst oder mit sonst etwas belegt) paßt nur dieses oder jenes Bier – natürlich kannst dazu auch einen Spritzer trinken oder Mineral oder auch gar nix.  Aber: Empfehlung des Hauses: Zu vegetarisch ein „Schobi-Schon-Bier“ (um einen fiktiven Namen zu nennen). Und Mittags wollen wir das Essen auch als take away anbieten, vor allem auch das saisonale Speisenangebot weiter ausbauen. Du siehst:  Da noch ein bisserl was Neues, dort was optimieren – da haben wir schon  noch Einiges im Köcher.“
„Reden wir jetzt aber über „Dein“ Wohnzimmer – was, warum, wieso Wohnzimmer?“
„Der Mensch ist Kultur und Kultur ist Mensch. Wie Essen und Trinken einen kulturellen Hintergrund haben, regionale und nationale Unterschiede aufweisen, so auch die bildenden Künste, Musik, Malerei, Film, Foto, Literatur etc.egal was – jeder Mensch trägt „seine“ Kultur mit sich. Fördern und vor allem praktizieren kann man das nur, wenn gewisse Barrieren fallen, sich die Grenzen öffnen für das „Miteinander“-Leben und Erleben. So haben wir „unser“ Wohnzimmer kreiert.“

Denken gehört zu den größten Vergnügungen der menschlichen Rasse

„Und ehrlich gesagt, der Erfolg gibt uns Recht. Denn beinahe täglich haben wir  Veranstaltungen. Drei- bis viermal im Monat gibt’s „Freistunde“. Jazz, Klassik, Pop, Rock, egal, ob Thomas Andreas Beck, Ulli Bäer, Sebastian Grandits oder ob Frau, Mann unbekannt, sie alle sind im „Wohnzimmer“ herzlichst willkommen. Wir verlangen keine Miete, allerdings. Rechtzeitige Termin-absprache ist schon erforderlich (kulturcafe@7stern.net). Wir sind ziemlich ausgebucht.  Was mir, was uns am Herzen liegt, ist die Nachwuchsförderung. Wie viele Talente gehen verloren, nur weil die nötige Präsentations-Plattform fehlt. Wir wollen das  sein, sie jeder(m) bieten, die Optionen schaffen für eine möglicherweise Karriere.“
„Wie ich Dich kenne, schweben Dir auch hier noch tausend Sachen durch den Kopf, um das „Wohnzimmer“ noch effektiver zu gestalten?“
“Genau“, schmunzelt Günther. „Weißt, was das Optimale wäre: Ein Gast kommt, bestellt sich was, geht dann ins Wohnzimmer fängt zu musizieren an, inspiriert die übrigen Gäste, die anfänglich ein bisserl verhalten klatschen, dann singen und schlußendlich als geschlossener Chor fungieren. Danach aber über Kunst, Musik, über das Leben etc. diskutieren, einander die Adressen austauschen und dann als Freunde auseinandergehen. Aber (Günther kratzt sich den Kopf), bitte nur zwischen 9 Uhr am Morgen bis 2 Uhr in der Früh – weil dann ist Sperrstund‘. Diesen Mix: Kultur und Gastro in ein ambivalentes Verhältnis zu bringen, als Symbiose zu servieren, das liegt uns am Herzen. Denn, wie sagt Bertolt Brecht so treffend:
Das Denken gehört zu den größten Vergnügungen der menschlichen Rasse.“

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