Aufgepasst – Fallstricke im Internetz


Betrug online ungehindert
■ 2x Rollerkauf, 3x beschissen. Bescheiss lauert überall. Mit zunehmender Globalisierung und Digitalisierung wird es nicht leichter. Das alte Prinzip „Ware gegen Geld“ hat ausgedient. Die Banken erleichtern dabei die Handhabe. Oder wie man es schafft, beim Versuch 2 Roller zu kaufen, 3x beschissen wird.

Von Karoly Gunczy-Tischler UHUDLA Ausgabe 118  @-5 / 2024

Es beginnt im Internet – wie inzwischen so oft.

Mit einem Schnäppchen, einer Mezie, einer günstigen Gelegenheit. Ein Roller reduziert von mehr als 300 Euro auf weniger als ein Drittel (siehe Screenshot). Da muss man ja zuschlagen. Oder doch lieber Pfoten weg vom Graffel, wenn man sich die gierigen Griffel nicht verbrennen will?
SchlaumeierInnen, die sonst alles wissen, warnten mich gleich vor den anfallenden horrenden Zollgebühren. Ja wenn es nur so wäre, weil dann hätte ich wenigstens was in Händen.

Zur Beruhigung steht in der Anzeige (jetzt wieder online – ohne Hindernisse auf Facebook), dass der Kauf durch Kreditkarte abgesichert sei und dass es das Recht auf 30 Tage Rückgabe gäbe. Nun, denkt sich der global denkende Konsument: Es sind ja genug chinesische Produkte in der Warenwelt unterwegs, die an den Mann, an die Frau, gebracht werden müssen. Schnell online bestellt und „risikolos“ mit Kreditkarte bezahlt.

Eine Woche später ist die bestellte Ware – angeblich laut Tracker – irgendwo in Mexico unterwegs. Tags darauf in Nenzing, irgendwo in Vorarlberg, bereits zugestellt. Angeblich. Verarschung pur.

Aber jetzt kommt die Bank ins böse Spiel. Nach der (angeblich sicheren) Bezahlung wird eine Woche später ein zweiter, diesmal höherer Betrag abgebucht – weil es gar so einfach geht.

Irgendwo in Mexico. Verarschung durch die Bank

Die Bank als internationaler Finanzdienstleister sagt beim angestrebten, weil sicheren „Charge-Back“-Verfahren, dass sie sich in das „Grundgeschäft“ nicht einmischt. Also Betrug, Raub, Diebstahl auch schon ein Grundgeschäft?

Nix da, keine Chance – da könnte ja jeder/jede kommen. Auskunft der Bank zur Reklamation: “Sie haben Etwas bestellt und nicht erhalten? Dann liegt hier sehr wohl ein Grund/Rechtsgeschäft vor, wobei eine Partei (Zahlungsempfänger) leider ein Betrüger ist. …. Fakt ist und bleibt jedoch, dass auch wir als Bank, Buchungen nicht einfach zurückholen dürfen (auch wir sind an die aktuelle Rechtslage gebunden) bzw. wenn Reklamationen bzgl. Buchungen einlangen, diese auch begründet bzw. dokumentiert (polizeiliche Anzeige) werden müssen.” – Also, nicht mit uns, wir stehen auf der richtigen Seite – und das ist nicht die meinige.

„Die Kapitalisten werden uns noch den Strick verkaufen, mit dem wir sie aufknüpfen.“ Wladimir Iljitsch Lenin (1870 – 1924), eigentlich Wladimir Iljitsch Uljanow, russischer Revolutionär und sowjetischer Staatsmann

Es scheint, dass die Bank nur ihr Geschäft machen will. Ganz wurscht mit wem, weil sonst wären die Betrugsinserate, die zum Schnäppchenkauf locken, längst gesperrt und offline. Seit dem Betrug mit der nicht erhaltenen Ware ist das betrügerische Inserat 3x bisher aufgepoppt. Ungehindert.

Würde man den betrügerischen Zahlungsverkehr stoppen wollen, wäredie bestehende Bankverbindungen der Betrüger schnell gekappt und sofort still gelegt.

Aber der Kapitalismus macht sogar solche Geschäfte möglich, bei denen den Opfern der eigene Strick verkauft werden soll – wie wir bereits von der Zeit vor dem Internetwissen. Auch die zweite Abbuchung, die nirgends beim „Geschäftsabschluss“ erwähnt wird und vom betrügenden Kundendienst als „Fehlbuchung“ bezeichnet wird, wird nicht rückerstattet. Aber wo die Not am größten, ist die Hilfe am nächsten.

Eine „Ombudsstelle gegen Betrug im Internet“ ist seit mehr als zwanzig Jahren ebenfalls online und hilft Opfern wie mir. Diese Anlaufstelle für Streitigkeiten und Fragen zu online abgeschlossenen Verträgen und anderen Problemen im digitalen Bereich, insbesondere Zahlung und damit einhergehend Betrug, agiert wirksamt. Mit der Tendenz stark steigend.

Online Betrug: Tendenz stark steigend

„Dabei spielt die Frage des Bezahlens eine wichtige Rolle. Spätestens wenn es zu Problemen kommt und eine Zahlung rückgängig gemacht werden soll, weil nie eine Ware einlangt, zum Beispiel, ist die verwendete Zahlungsart entscheidend“, sagt die Ombudsstelle.

Das ist aber meiner Bank wurscht. Vorerst noch. Ich Bank, du Kunde. Oder mit anderen Worten: „Dein Geld ist nicht mein Geld. Auch wenn ich darauf aufpassen sollte, wie ich es in den Statuten der Bank versprochen habe!“

Schnell ist der Fall der Ombudsstelle geschildert. Geht auch online. Ein paar Screenshots sind hilfreich. Eine juristische Intervention wird erst durch das Sozialministerium, Abteilung KonsumentInnenschutz durchgeführt. Der Schriftsatz an die Bank: „Bislang haben Sie es abgelehnt, dem Zahlungskonto Ihres Kundenden Betrag der missbräuchlichen Zahlungen gemäß § 67 Abs. 1 ZaDiG 2018 wieder gutzuschreiben.“ Im Klartext: „Im vorliegenden Fall ist wohl davon auszugehen, dass zumindest eine der beiden Zahlungsvorgänge nicht autorisiert waren. Ihr Kunde hat daher einen Berichtigungsanspruch gemäß § 67 Abs. 1 ZaDiG 2018.“

Was tun?, sprach Lenin. Die Entscheidung des OGH vom 25.3.2021, 8 Ob 106/20a, zu § 67 ZaDiG 2018 ist eindeutig und lässt keinen Interpretationsspielraum offen. Die Bankverbindung hat seine Sorgfaltspflicht verletzt, weil „die Authentifizierung des nicht autorisierten Zahlungsvorgangs deshalb nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde und im vorliegenden Fall offenbar keine ordnungsgemäße Transaktionsüberwachung stattfand.

Gemäß Art. 2 der delegierten Verordnung (EU) 2018/389 müssen Zahlungsdienstleister über Transaktionsüberwachungsmechanismen verfügen, die ihnen die Erkennung nicht autorisierter oder betrügerischer Zahlungsvorgänge ermöglichen. Diese Überwachung muss bei jeder Kundenauthentifizierung stattfinden, um betrügerische Zahlungsvorgänge zu erkennen und zu verhindern“, so der Gesetzestext.

Schaun, was die Bank nun sagt. Auch wurscht? Kundenwunsch irrelevant? Bank halt.
Halt Bank. Der Betrüger wirbt weiter um Gutgläubigeonline, um diese zu bscheissen. Depperte gibt es genug – besonders auf Facebook, wo du sofort gesperrt wirst, wenn du eine entblößte Brust postest oder gar irgendwas Unerwünschtes zum Ukraine-Konflikt auf „Like“ oderoder gar „Teilen“ klickst. Und die Bankverbindung des verbrecherischen Unternehmens ist weiterhin aktiv und gültig im internationalen Zahlungsverkehr. Hier können keine Schritte gesetzt werden, weder im Internet oder real in der global vernetzten Bankenwirklichkeit.

Nächster Betrugsfall willhaben

Jetzt habe ich immer noch keinen Roller, aber weiter Sehnsucht nach elektrischer Mobilität. Willhaben hilft weiter, aber nicht wirklich. Nur mit der eigenen „PayLivery“-Funktionist der Verkauf abgesichert. Sonst – im Normalfall – sind dem Betrug auch weiterhin Tür und Tor geöffnet.

„Wenn du deinen gekauften Artikel noch nicht erhalten hast, kontaktiere den Verkäufer bitte direkt und erkundige dich, warum die Lieferung noch nicht bei dir angekommen ist. Setze dem Verkäufer/Käufer eine letzte Frist! Sollte dies keine Wirkung zeigen, raten wir dir zu folgenden Schritten: Wende dich mit dem willhaben-Code bzw. allen vorliegenden Daten an die Polizei und leite rechtliche Schritte ein. Die Polizei kann im Zuge dessen selbstverständlich schriftlich alle uns vorliegenden Daten zur Ermittlungsunterstützung erfragen. Beschreibe deinen Fall in kurzen Worten und übermittle diesen anhand des Kontaktformulars der Internet Ombudsstelle (siehe oben). Um solche Fälle zu vermeiden, nutze PayLivery, unser Service mit Käuferschutz“, sagt die Willhaben-Rechtsvertretung und agiert nicht, sondern erlaubt – selbst erlebt und dokumentiert – weitere 12 Anzeigen des „Verkäufers“, der seine Ware nicht und nicht liefert. Also fortgesetzte kriminelle Handlungen. Die Polizei spricht von „gewerbsmäßigem Betrug“.

Anzeige bei der Polizei, IBAN-Ausforschung

Die Exekutivein der PI (Polizeiinspektion)Meidling seufztauf. „Betrug im Internet ist ein Volkssport geworden“. Auch eine Spaltung der Gesellschaft in Betrügende und Betrogene ist zu erkennen. Keine Solidarität untereinander, immer mehr Raubritter- und Wildwestmentalität.“ Die Anzeige gegen unbekannt wird aufgenommen und protokolliert. „Im ersten Fall wird das Verfahren sehr schnell eingestellt, Betrüger außerhalb der EU, keine Handhabe. Bitte wenden Sie sich an Ihre Bank“, so die Auskunft. „Von da komme ich gerade, von der Bank!“
Grundgeschäft, siehe oben!

Auch ein Skandal, dass Willhaben nicht selber tätig wird, sondern sich auf seinen „neutralen Status“ als reine Verkaufsplattform beruft und die anderen Inserate, in denen ein Verkauf angeboten wird, weiter online belässt. Ein Beitragstäter, wie der wartende Komplize im Fluchtfahrzeug, der mit dem Banküberfall nix zu tun hat? Garantiert nicht.

Das wird auch so bleiben. Text unter jedem Inserat, wo ein Verkauf vorgegaukelt wird: „Der Vertrag kommt nicht mit willhaben zustande. Allfällige aus dem Abschluss des Vertrages resultierende Rechte sind ausschließlich gegenüber dem Vertragspartner geltend zu machen. Der Inserent ist Verbraucher. Die im Verbraucherschutzrecht der Union verankerten Verbraucherrechte finden auf den Vertrag keine Anwendung.“

Info-LINK: https://www.ombudsstelle.at/

FOTO oben: ScreenShot der kriminellen Anzeige, die immer wieder auftaucht und Depperte im Internet sucht. Die Banken spielen dabei mit und legen den betrügerischen Zahlungsverkehr nicht still.

Ein Gedanke zu “Aufgepasst – Fallstricke im Internetz

  1. Update: Ermittlungsstand:

    Polizeiinspektion gibt bekannt: Der ausgeforschte Täter, männlich, hat 17 Personen durch „Vortäuschen einer Verkaufsabsicht“ Geldmittel herausgelockt….

    Solche Täter sind in der Regel sehr mobil.

    Fazit: Zumindest weitere Betrügereien hätte Willhaben unterbinden können, denke ich.

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